Von Gastautor Josef Hueber
Von früheren Zeiten, von grauer Vorzeit, weiß man es. Wer vor dem Letzten Gericht Angst hatte, weil er sich in seinem irdischen Leben einiges geleistet hatte, was nicht unter die Kategorie “Gutes tun” fiel, konnte sich einen Ablass, d.h. Reduzierung von den feuerheißen Bußqualen im Purgatorium, vulgo Fegefeuer, erkaufen. Das bedeutete Tage, Monate früher oder überhaupt das Raus aus der brennenden Hitze des jenseits von Zeit und Raum komischerweise doch nach Zeit-Phasen taktierten existierenden Feuerofens für nicht komplett Verdammte, aber doch seelisch stark Beschmutzte. Damit sie weiß und rein in die himmlischen Gemächer eingelassen würden. Wer gut bei Kohle war, vererbte zu diesem Behufe Handfestes, wie z.B. Grund und Boden oder Immobilien, an die Kirche. Wem es an Kohle fehlte, der konnte an bestimmten, von der Kirche definierten Anlässen seine Schuld bekennen, inständig beten und damit eine quasi schuldlöschende Fristenlösung, respektive Folterverkürzung, erlangen, ohne dass er dafür Cash durch’s Gitter in den Beichtstuhl reichen musste.
„Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt“, hieß es beim berüchtigten Ablasshändler Tetzel, der steinreich wurde. Die Wittenberger, als Martin Luther Tetzels Auftritte in Wittenberg verhinderte, folgten dem Scharlatan bis nach Jüterbog, um ihm ihre letzten Groschen zu opfern. Solcher Jenseitsglaube müsste auch heute fruchtbar gemacht werden können, sagte sich ein Bonner Bestattungsunternehmen. Denn der Mensch hat, wohl eine anthropologische Konstante, Sehnsucht nach Erlösung. Nicht nur hier in dem, was unmittelbar erlebbar ist, sondern auch nach seinem Ableben dort, was seinem Bedürfnis nach metaphysischer, postkörperlicher, erlöster Existenz zuzuschreiben ist.
„Wir schaffen das!“ sagten sich die kreativ und innovativ denkenden Begräbnisexperten vom Bestattungsunternehmen Hebenstreit & Kentrup in Bonn (https://www.abschiednehmen.de). Sie bedienen ihre toten Kunden mit dem „grünen Fußabdruck“ rund um die letzte Ruhestätte. Stolz können sie auf ihrer Homepage verkünden, dass sie für ihre „Grüne Linie“ für den „European Funeral Innovation Award“ nominiert wurden. Der Grüne Fußabdruck für Dahingeschiedene erhebt einen radikalen ethischen Anspruch, nicht nur für den Einzelnen, sondern für die gesamte Menschheit und sogar für den Planeten (vielleicht bald für den gesamten Kosmos), ethisch das Allein-Richtige zu vertreten, ebenbürtig mit der dahinschwindenden christlichen Religion. Ja, es gibt sie, diese alternativlose Alternative zu der traditionellen Religion. Das neue “Opium für das Volk” ist aus der Taufe gehoben. Das Kindchen heißt Grüne Ökologie.
Die alten Ägypter waren vermutlich Umweltschweine. Die Einbalsamierung war wohl alles andere als vom Recycling-Gedanken geprägt. Andererseits: Die CO2-Produktion einer Mumie dürfte wohl geringer sein als die eines auf konventionellem Wege Verwesenden. Insofern zeigten die Ägypter vielleicht doch mehr Verantwortungsbewusstsein für künftige Generationen als andere Kulturen, die ihre Lieben einfach verwesen ließen und sich Nullkommanix um die Planetenzerstörung via CO2 kümmerten?
Denken wir in der Gegenwart konsequent weiter: Jeder Nicht-Geborene, jede Nicht-Geborene, jedes transsexuelle Nicht-Geborene ist ein Segen für den multikulturellen Planeten Erde.
Also: Nicht so viele “Kinder machen” (http://www.kath.net/news/60283), d.h. null CO2-Ausstoß während des gesamten Lebens ihrer Nicht-Existenz, null wahnsinnige CO2-Produktion durch von das Treibhausgas Methan furzenden und rülpsenden Kühen produzierte und verzehrte Milch- und Fleischprodukte.
On top of that: Mit Null CO2-Produktion in die Grube. Die Särge sind “von Natur aus ‘automatisch’ Bio”, aus “nachhaltigem Forstbetrieb”, der Sarg sowie dessen “Innenausstattung” sind komplett “biologisch abbaubar”.
Das ist verantwortungsvolle, weil nachhaltige Verwesung.