Was ist eigentlich Relocation?

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In Zeiten der „atmenden Obergrenze“ bei der Aufnahme von immer neuen Einwanderergruppen bleibt die Bevölkerung weitgehend uninformiert darüber, welche Umsiedlungsprogramme schon längst beschlossen sind. Eines davon ist das „solidarische Umverteilungsverfahren zwischen stark und weniger belasteten EU-Staaten“, kurz genannt Relocation. Erstmals tauchte auch dieser Begriff neben „Resettlement“ im Wahlprogramm der CDU für die letzte Bundestagswahl auf. Deutschland müsse seine „humanitären Verpflichtungen“ aus „Resettlement und Relocation“ erfüllen.

Was Resettlement ist, wurde klar, nachdem sich die Regierung kürzlich verpflichtet hat 10200 „Umsiedler“ im Rahmen eines EU-Programms aufzunehmen. Bei dieser Gelegenheit wurde zum ersten Mal von „Umsiedlung“ gesprochen. Es handelt sich also nicht mehr um „Flüchtlinge“, die irgendwann in ihre Heimat zurückkehren, sondern um Menschen, die dauerhaft in Europa angesiedelt werden sollen.

Bei „Relocation“ sind es noch Flüchtlinge, sogar Personen mit hoher Schutzquote.

Deutschland hat in den beiden Jahren vor August 2017 insgesamt 7622 Asylbewerber aus Italien und Griechenland aufgenommen. Aktuelle Zahlen liegen zur Zeit nicht vor. Konkret geht es dabei um Personen, die nach dem Dublin-Verfahren in einem EU-Land bereits registriert sind und einen Asylantrag gestellt haben. Trotz Umverteilung müssen diese Personen das Asylverfahren in dem neuen Land vollständig durchlaufen und sind rechtlich den anderen Asylbewerbern gleichgestellt.

Nach Angaben des BAMF werden über das so genannte Relocation-Verfahren Asylsuchende aus EU-Mitgliedsstaaten mit besonders stark beanspruchten Asylsystemen – wie aktuell Griechenland und Italien – in andere Mitgliedsstaaten umverteilt und durchlaufen dort das Asylverfahren. Damit soll eine gerechte Verteilung der Asylsuchenden innerhalb Europas erreicht werden. Voraussetzung für das Relocation-Verfahren ist, dass die Asylsuchenden aus Herkunftsländern stammen, bei denen die durchschnittliche Anerkennungsquote in der EU mindestens 75 Prozent beträgt. Was gerecht daran sein soll, dass Deutschland, das seit 2015 mehr Asylsuchende aufgenommen hat, als alle anderen EU-Staaten zusammen, immer noch mehr Flüchtlinge aufnehmen soll, ist nicht erkennbar.

Schon 2015 wurden aufgrund der stark angestiegenen Zuwanderung von Asylbewerbern innerhalb der Europäischen Union zwei neue Relocation-Programme beschlossen. Im Mai 2015 wurde von der Europäischen Union zunächst ein Relocation-Programm für 40.000 Personen aus Italien und Griechenland verabschiedet. Dem folgte ein weiteres Umsiedlungsprogramm für 120.000 Personen im September 2015. Laut dieser Beschlüsse sollen insgesamt 160.000 Personen aus Griechenland, Italien und Ungarn innerhalb von 2 Jahren von verschiedenen EU-Ländern aufgenommen werden. Ungarn hat im Nachgang der Beschlüsse auf die Teilnahme am Relocation-Programm verzichtet, so dass die Umsiedlungen nur aus Italien und Griechenland stattfinden werden. Mit Stand vom April 2017 wurden in der Europäischen Union insgesamt rund 16.148 Personen umgesiedelt. Deutschland hat im Rahmen der Relocation-Programme über 27.400 Personen bis September 2017 aufgenommen. Das kann nur unter Missachtung der festgelegten Kriterien erfolgt sein. Der vorgeschlagene verbindliche Mechanismus soll die Asylsuchenden unter den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung ihrer Aufnahmekapazitäten verteilen und dabei auf folgenden Kriterien beruhen: Bevölkerungszahl (Gewichtung 40%), Gesamt-BIP (40%), durchschnittliche Zahl bisheriger Asylanträge (10%) und die Arbeitslosenquote (10%). Noch einmal: Deutschland hat bereits mehr Asylsuchende aufgenommen, als alle anderen Mitgliedstaaten zusammen.

Die teilnehmenden Mitgliedstaaten erhalten einen Pauschalbetrag von 6.000 Euro je umgesiedelter Person. Zudem erhalten sie einen Vorfinanzierungsbetrag in Höhe von 50%, damit die nationalen Behörden schnell reagieren können. Italien, Griechenland und Ungarn erhalten für jede Person, die aus ihrem Hoheitsgebiet umgesiedelt wird, einen Pauschalbetrag von 500 Euro für die Überstellung.

Wenn ein Mitgliedstaat zeitweilig nicht in der Lage ist, an dem Mechanismus teilzunehmen – unter Angabe berechtigter Gründe wie z.B. eine Naturkatastrophe – müsste dieser einen finanziellen Beitrag zum EU-Haushalt in Höhe von 0,002% des BIP leisten. Die Kommission muss feststellen, ob eine solche Ausnahmeregelung – die höchstens ein Jahr dauern kann – berechtigt ist.

Das Programm hat bereits für jede Menge Ärger in den EU-Mitgliedsstaaten gesorgt.

http://diepresse.com/home/ausland/eu/5234446/Keine-Fluechtlinge-aufgenommen_EU-geht-gegen-drei-Laender-vor

Die EU-Kommission hat erstmals Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen, Tschechien und Ungarn wegen fehlender Aufnahme von Flüchtlingen eingeleitet.

„Die Umverteilung (Relocation) ist keine Option“, sagte EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos. Es sei eine rechtliche Verpflichtung, die durchgeführt werden müsse. Es habe „genug Verzögerungen und Diskussionen“ gegeben, „jetzt ist die Zeit zum Handeln“, sagte der EU-Kommissar am Dienstag in Straßburg.

Im Juni 2015 hatte die EU beschlossen, zur Entlastung Italiens und Griechenlands bis zu 120.000 Flüchtlinge in anderen EU-Ländern unterzubringen. Ungarn und die Slowakei klagten dagegen, der Europäische Gerichtshof wies diese Klage nun ab: Die Aufnahmequote sei rechtens.

http://www.tagesschau.de/ausland/eugh-fluechtlinge-115.html

Die Regeln der Dublin-III-Verordnung galten auch auf dem Höhepunkt des Flüchtlingsstroms 2015. Das hat der Europäische Gerichtshof erst im Juli 2017 entschieden. Allerdings sagten die Richter auch: Die anderen Länder dürfen sich durchaus solidarisch zeigen und Flüchtlinge aufnehmen, für die sie eigentlich nicht zuständig sind. So wie es Deutschland in Hunderttausenden von Fällen getan hat. Diese Ausnahme, diese Solidarität, sieht übrigens die Dublin-III-Verordnung selbst vor, es handelt sich also keinesfalls um einen Bruch der Dublin-III-Verordnung.

Die Slowakei und Ungarn klagten am Europäischen Gerichtshof. Sie wollten, dass die Luxemburger Richter den Beschluss aus dem Herbst 2015 für nichtig erklären. Ihre Argumente: Zum einen sei der Beschluss keine geeignete Reaktion auf die Flüchtlingskrise, weil er sie nicht lösen könne und deshalb auch gar nicht erforderlich sei. Zum anderen habe der Beschluss einen gesetzgeberischen Charakter, weil er unter anderem die Dublin-III-Verordnung außer Kraft setze. Deshalb hätte man das Gesetzgebungsverfahren anstreben müssen. Ein Beschluss des EU-Rats reiche nicht aus.

Dem widersprachen die Luxemburger Richter heute eindeutig. Der Beschluss habe keinen gesetzgeberischen Charakter, gerade weil er nur vorläufig die Dublin-III-Regeln außer Kraft setzen würde und dies vom EU-Recht ausdrücklich zugelassen sei. Deshalb durfte der Rat dies auch beschließen, die nationalen Parlamente mussten nicht gefragt werden.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat wenig überraschend das Vorgehen der EU-Kommission gegen Polen, Ungarn und Tschechien in der Flüchtlingspolitik verteidigt. Die Kommission tue das, „was sie in ihrer Verantwortung tun muss“. Es gebe deshalb für sie keinerlei Anlass zu Kritik. Da Deutschland eine „atmende Obergrenze“ hat, hält die Kanzlerin seine Aufnahmefähigkeit offenbar für unbegrenzt. Das ihre Politik der ungebremsten Zuwanderung unser Land bereits an die Grenze des Verkraftbaren gebracht hat, interessiert Merkel nicht. Wie sagte sie im berüchtigten Kanzlerinnen-Deutsch?

„Ist mir egal, ob ich schuld am Zustrom der Flüchtlinge bin, nun sind sie halt da.“



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