Von Jörg Koch
Die Kurpfalz im Südwesten Deutschlands ist eine uralte europäische Kulturlandschaft. Bereits in vorchristlicher Zeit siedelten hier, auf den Höhen des Pfälzerwaldes und des Odenwaldes, die Kelten, bevor sich die Römer an Rhein und Neckar (Speyer und Ladenburg) niederließen. Sie herrschten nicht nur als militärische Macht, sondern brachten auch den Weinanbau in die Region, der dort bis heute prägend ist. Im Mittelalter regierten am Oberrhein die Salier und Staufer, vor allem aber waren es ihre Nachfolger, die Wittelsbacher (ab 1214), die als Pfalzgrafen bei Rhein und (ab 1356) als Kurfürsten jahrhundertelang zu den bedeutendsten Herrschern im Heiligen Römischen Reich gehörten. Die historische Kurpfalz, deren staatliche Existenz 1803 endete, war kein zusammenhängendes Staatsgebiet, sondern ein „Flickenteppich“ mit zahlreichen Exklaven, Enklaven und Kondominien.
Residenzstadt war zunächst Heidelberg, ab 1720 Mannheim. 1778, als Kurfürst Karl Theodor (1724-1799) aufgrund eines Erbvertrages seine Residenz vom Rhein nach München verlegte, umfasste die Kurpfalz 8200 Quadratkilometer (die Fläche Baden-Württembergs beträgt rund 36.000 Quadratkilometer). Die geografische Lage der Kurpfalz weckte seit alters her Begehrlichkeiten beim großen Nachbarn im Westen, der gegen Ende des 17. Jahrhunderts im Pfälzischen Erbfolgekrieg weite Teile des Landes verwüstete. Die Ruine des Heidelbergers Schlosses zeugt noch heute davon, dass die wechselvolle Geschichte der Kurpfalz auch Kriegsgeschichte darstellt. Doch längst herrscht hier mitten in Europa Friede, sind lebendige Städtepartnerschaften, insbesondere mit Frankreich, Ausdruck von Verständigung und Miteinander über Grenzen hinweg. Unter der heutigen Kurpfalz wird die wirtschaftlich starke Metropolregion Rhein-Neckar mit den Zentren Mannheim und Heidelberg verstanden; sie ist Lebensraum von rund 2,4 Millionen Menschen.
Die vielgestaltige Landschaft bietet zahlreiche Entdeckungen und zwar westlich und östlich des mächtigen Rheins, der seit Jahrhunderten als europäischer Verkehrsweg eine wichtige Rolle spielt. Einen Besuch wert sind die romantischen Burgen an der badischen Bergstraße, im Neckartal und im Pfälzerwald, die Schlösser Heidelberg, Mannheim und Schwetzingen, die UNESCO-Weltkulturerbestätte Speyer, idyllische Weinorte in der Vorderpfalz oder prachtvoll sanierte Fachwerkstätte wie Mosbach im Neckar-Odenwald-Kreis.
In 48 Kapiteln bietet der Historiker Jörg Koch einen repräsentativen Ausschnitt der reichhaltigen Geschichte der Kurpfalz. Zu den überregional bedeutenden geschichtlichen Ereignissen, denen der Autor ein eigenes Kapitel widmet, gehören der Pfälzische Erbfolgekrieg (1688-1697) das Hambacher Fest (1832), die Heidelberger Versammlung (1848), die ein Wegbereiter des Frankfurter Paulskirchenparlaments war. Zu den Persönlichkeiten, die aus der Region stammen bzw. diese bis heute prägen, zählen der Reformator Philipp Melanchthon, Friedrich Schiller, dessen Schauspiel „Die Räuber“ in Mannheim uraufgeführt wurde (1782) und Johann Jakob Astor, der erste Multimillionär der USA sowie Bertha Benz, die erste Autofahrerin der Welt (1888). Lesenswert sind ebenso die Kapitel über Heidelberg, wo sich die älteste Universität (1386) und eine der schönsten Schlossruinen Deutschlands befinden und über den Wirtschaftsstandort an Rhein und Neckar, an dem mit BASF, SAP und Heidelberg Materials innovationsstarke Global Player und Dax-Konzerte angesiedelt sind. Das reich bebilderte Buch steckt voller Überraschungen und bietet ein unterhaltsames Vergnügen.
Jörg Koch: Zeitreise Kurpfalz. Menschen, Orte und Ereignisse, die Geschichte schrieben, Silberburg Verlag Tübingen 2024, 120 S., 24.99 €; ISBN 978-3-8425-2402-6
Anmerkung: In einer früheren Variante dieses Beitrags wurde Bernd Braun, der den Kontakt zum Gastautor hergestellt hat, fälschlich als Autor des Artikels genannt.