Heute morgen fand die öffentliche Anhörung zur Stuttgarter Erklärung der zwanzig Professoren statt, die sich mit wissenschaftlichen Argumenten für den Weiterbetrieb der 3 verbliebenen AKWs und die Wiederinbetriebnahme der 3 im letzten Jahr abgeschalteten AKWs einsetzen. Ihre Petition erreichte mehr als 58 000 Unterschriften, so dass der Petitionsausschuss gezwungen war sich in öffentlicher Anhörung mit dem Thema zu befassen.
Es war eine Lehrstunde dafür, wie faktenresistent die Ampelregierung handelt und dass die Parlamentarier bis auf Ausnahmen vergessen haben, was ihre Aufgabe ist – der Regierung kritisch auf die Finger zu schauen.
Nach dem Eröffnungsstatement von Professor André Thess, Initiator der „Stuttgarter Erklärung“, ergriff der Parlamentarische Staatssekretär im Umweltministerium Christian Kühn das Wort und bot neben den üblichen Phrasen aus den 70er Jahren und den Hinweis auf Fukushima, das ja kein „normales“ , sondern ein vom Jahrtausend-Tsunami verursachtes Reaktorunglück war, das bis heute nicht mehr als ein Todesopfer gefordert hat, die Behauptung, dass es immer noch kein Endlager für den Atommüll gäbe. Damit offenbarte er seine Unwissenheit.
Denn erstens gibt es die schon und zweitens könnte er im Abschlussbericht der „Arbeitsgruppe Endlager“, die von seinem Parteifreund Ex-umweltminister Jürgen Trittin eingerichtet worden und im Gegensatz zu späteren „Expertengruppen“ noch mit wirklichen Fachleuten besetzt war nachlesen, dass es in Deutschland noch kein Endlager gibt, weil es politisch nicht gewollt ist, nicht weil es keine geeigneten Salzstöcke gäbe. Nun wird nach Kühns Worten wieder nach einem Endlager gesucht, aber es fehlt nach wie vor am politischen Willen, eins zu finden, denn damit würde ein Grundstein für die Anti-AKW-Politik wegfallen.
Der Parlamentarische Staatsekretär aus dem Wirtschaftsministerium Stefan Wenzel hatte mindestens schon einmal in einen IPCC-Bericht geschaut und konnte daraus vortragen. Insgesamt war aber von der Regierung kaum mehr als Phrasen zu hören. Parlamentarische Staatssekretäre sind auch nicht auf diesem Posten, weil sie Fachleute wären, sondern weil man für Parlamentarier Posten braucht. Die Regierung hat also keinen Fachmann in diese Anhörung geschickt.
In der Anhörung galten strenge Regeln. Genau begrenzte Redezeiten für die Fragesteller und die Antwortenden. Eingehalten wurden die aber nur von Prof Thess und Anna Veronika Wendland, die er sich an die Seite geholt hatte. Die SPD richtete wenigstens noch eine Frage an Prof. Thess, die anderen aber an die Regierung. Das ist ein beliebtes Mittel, die Petenten nicht zu Wort kommen zu lassen.
Die Grünen trieben es auf die Spitze, die fragten nur die Staatssekretäre und zwar so, dass die bequem ihre ideologischen Positionen über die „Risikotechnologie, den „nationalen Konsens über den Atomausstieg nach Fukushima“ und die Richtigkeit des Atomausstiegs abspulen konnten.
Auf die kritische Frage der Opposition nach der Unterdrückung der Meinung von Befürwortern des Weiterbetriebs in den Ministerien und von der Spitze vorgegebene Formulierungen, wurden nicht beantwortet. Stattdessen verstieg sich Kühn zu der Behauptung, im Umweltministerium wären abweichende Meinungen willkommen. Wenn das so ist, spürt man jedenfalls nichts davon.
Interessant war für mich die Beobachtung, wie die grünen und SPD-Abgeordneten auf die Ausführungen von Thess und Wendland reagierten; zunehmend hysterisch. Ich saß direkt über ihnen und hörte ihr empörtes Getuschel. Sie sind es offenbar nicht mehr gewohnt, andere Meinungen zu hören. Ein SPD-Abgeordneter war so genervt, dass er Thess vorwarf, immerzu mit wissenschaftlichen Fakten zu argumentieren.
Wo kämen wir da auch hin, wenn Entscheidungen nach Fakten gefällt werden müssten!
Zum Schluss gelang Anna Veronika Wendland noch eine gute Antwort auf die Regierungsphrasen von der Risiko-technologie:
„Wenn Isar 2 in Tschernobyl gestanden hätte, würden wir den Namen heute nicht kennen, wenn Isar 2 in Fukushima gestanden hätte, wäre es nicht zum Reaktorunfall gekommen.
Deutschland hat die sichersten Atomkraftwerke der Welt. Die sollen nicht wegen ihrer tatsächlichen Risiken abgeschaltet werden, sondern weil mitten in der schwersten Energiekrise der Bundesrepublik die Grünen keinen Fußbreit von ihrer Ideologie aufgeben wollen.