Von Gastautor Torsten Küllig
Am Samstag hat in Dresden eine Veranstaltung „Haltung zeigen“ stattgefunden, an der laut Sächsische Zeitung mehr als 3500 Menschen vor Ort teilgenommen haben. Die Initiatoren sind Lutz Hoffmann und Dr. Annalena Schmidt. Letztere kam 2016 von Hessen nach Bautzen. 2018 wurde sie als Botschafterin für Demokratie und Toleranz ausgezeichnet. Doch Kritiker halten ihr vor, Menschen mit konservativen Haltungen gegenüber nicht tolerant zu sein. Schmidts Auftreten polarisiert. Auch hat Frau Dr. Schmidt während ihrer Stadtratstätigkeit in Bautzen öfter unter Beweis stellen können, über welche zweifelhaften integrativen Fähigkeiten sie für eine gemeinsame Stadtgesellschaft verfügt.
Selbst Bautzens Oberbürgermeister Ahrens (SPD) empfahl Frau Dr. Schmidt, sie solle künftig ihre Wortwahl überdenken.
Sind solche Personen wirklich die richtigen Akteure, um die voranschreitende Spaltung in unserem Land, in unserer Stadt entgegenzutreten?
Sieht man es aus der Sicht des Dresdner Oberbürgermeisters und seinen Beigeordneten, scheint es so.
Das Stadtoberhaupt hatte diese Veranstaltung bereits ab 4. Januar über die offizielle Homepage der Stadt Dresden beworben.
Nun ist es aber immer das Gegenteil von rechtsstaatlich gebotener Neutralität, wenn das Stadtoberhaupt, der gleichzeitig oberster Chef der Ortpolizei- und Versammlungsbehörde ist, öffentlich für bestimmte Veranstaltungen Partei ergreift. Gerade bei Leuten, die in der DDR sozialisiert wurden, ruft das immer noch unangenehme Erinnerungen hervor.
Eine Demonstration für die Politik der Regierung ist keine Demonstration, sondern eine Kundgebung.
Kundgebung, genau das ist auch der verräterische Begriff, den die Stadtverwaltung in ihrer Pressemitteilung selbst verwendet.
Selbstverständlich ist das Gedenken an verstorbene Menschen ein ehrenwertes Ziel, dem ich mich auch nicht verweigere, wäre da nicht die Begriffskontaminierung und ideologische Einfärbung, ohne die die von den Medien auffällig gepushte Kundgebung nicht auskommt. So heißt es in dem gemeinsamen Aufruf der Initiatoren:
„Liebe Menschen in Dresden, während sich zahlreiche Menschen in den unterschiedlichsten Berufen und Berufungen für ein soziales Miteinander engagieren, Hilfe leisten und Leben retten, gehören mittlerweile auch wöchentliche Demonstrationen der sogenannten „Querdenker“, die regelmäßig von Gewalt und Krawallen begleitet werden, zum Stadtbild. Bewusst sucht dieser Personenkreis den Schulterschluss mit der rechtsradikalen Szene und lässt sich durch „Freie Sachsen“ und andere rechte Gruppen aufstacheln und vereinnahmen. Wer mit Fackeln in der Hand vor dem Haus einer Politikerin aufmarschiert, wer Morddrohungen gegen Journalisten und engagierte Menschen ausspricht, diese auf der Straße angreift oder gar den Mord an dem Ministerpräsidenten plant, will keinen Dialog, sondern Umsturz. Wer diesem Personenkreis den Schutz in der Masse gewährt, macht sich mitschuldig.“
Ist es wirklich so? Sind wirklich alle, die montags durch ihre Spaziergänge ihren Unmut mit der gegenwärtigen Coronapolitik zum Ausdruck bringen mitschuldig daran, dass einige Irrsinnige Mordpläne gegen den Ministerpräsidenten ausheckten? Sind die coronamaßnahmekritischen Bürgerproteste wirklich regelmäßig von Gewalt und Krawallen begleitet? Dann hätte ich bitte methodisch und statistisch sauber erbrachte Belege.
Wenn die Initiatoren unterstellen, dass jeder, der montags durch seinen friedlichen Spaziergang beispielweise auf die Ausgrenzung von Ungeimpften hinweist oder die drohende Impfpflicht mit seiner Teilnahme ablehnt, „bewusst den Schulterschluss zur rechtsradikalen Szene sucht“, der muss es bitte auch belegen können. Anekdotische Evidenz führt uns da nicht weiter. Ansonsten unterstelle ich den Organisatoren selbst unredliche politische Eigeninteressen.
Außerdem wo kommen wir hin, wenn zukünftig die Rechtmäßigkeit der Teilnahme an einer Demonstration an der Gesinnung der einzelnen Demonstranten festgemacht wird?
Das verbindende Element ist das gemeinsame Ziel einer Demonstration, nichts anderes.
Oder wie können die Organisatoren von „Haltung zeigen“ garantieren, dass nicht auch bei ihrer Veranstaltung radikale Kräfte eine Kerze angezündet haben?
Das Gegenteil von gut, ist meist gut gemeint. Insofern steht zu befürchten, dass eine Veranstaltung, die ja auch zum Ziel hat, medial deutlich zu machen, „wir sind mehr“ eher das Gegenteil von dem bewirken wird, was vielleicht bezweckt war:
Die Zahl der Montagsspaziergänger wird steigen, weil sich viele Bürger aus der Mitte der Gesellschaft herausgefordert fühlen werden.
Na dann – Mit Haltung in die Spaltung…