Was erlauben Musk? Einmischung in den innerdeutschen Wahlkampf! Fast so schlimm wie die nicht näher konkretisierten Desinformationskampagnen von Kreml-Herrscher Putin und seiner Bagage. Unser Bundespräsident erwägt im Zweifelsfall – was heißt, wenn die AfD unbotmäßig viele Stimmen erhält – die „rumänische Lösung“, wie angedeutet wurde.
Dass hierzulande für Frau Harris ebenso getrommelt wurde wie vor ein paar Jahren für Macron – geschenkt. Das sind ja Demokraten, und man wird ja wohl noch seine Meinung sagen dürfen. Aber Musk bedroht das „Weiter-so“ unserer Politkaste, und das geht gar nicht: Wenn schon in den Abgrund gerutscht, dann doch bitte mit Dienstwagen und Pensionsansprüchen. Das diabolische Trio im 9. Kreis der Polithölle heißt jetzt Musk, Milei und Trump.
Bezüglich Trump bleibt indes zu hoffen, dass er nach dem 20. Januar vor lauter Baustellen nicht mehr zum „Verschnaufen“ kommt: Panama, Grönland, Venezuela, Bolivien, Iran und ach, Russland – alles Territorien, wo unkooperative Machthaber auf „unseren“ Bodenschätzen sitzen. Man denke: Sogar Dänemark will nun aufrüsten, nachdem militärisch das vorletzte Hemd in die Ukraine gewandert ist.
Aber all dies nur als unmaßgeblicher Vorspann. Denn Trump droht Unbill – und zwar aus den eigenen Reihen: Wie wir und andere schon dargelegt haben, vermutet man, dass er die Wahl gegen Dame Harris gewonnen hat, weil deren angepeilte Wählerschaft viel zu disparat war. Der katholische Latino hat eben wenig mit dem New Yorker Intellektuellen, der kalifornische Netz- und Wellensurfer nichts mit dem Hillbilly aus den Appalachen zu tun. Und außerdem: „It was the inflation, stupid!“
Nun zerlegt sich das Trump-Lager gleichermaßen in offensichtlich nicht ganz kompatible Fraktionen – und das bei einem von Trumps Hauptthemen: der illegalen Immigration und der geplanten Rückführung der Immigranten, sowie dem Ziel, amerikanische Arbeitsplätze für Amerikaner zu schaffen.
So schreibt der Spiegel, 29.12.24:
Musk und Ramaswamy legen sich mit den MAGA-Hardlinern an.
Der Konflikt war absehbar: Um Erfolg zu haben, benötigen die USA bestens ausgebildete Einwanderer, sagen Donald Trumps Berater. Prompt protestieren die »MAGA«-Fans, und auch unter Republikanern tut sich ein Graben auf.
Elon Musk will seine Unternehmen (und auch die USA insgesamt) nicht durch solche Einschränkungen bremsen lassen. Der Techunternehmer, selbst aus Südafrika in die USA eingewandert, braucht bei Tesla oder SpaceX mehr Ingenieure und Technikerinnen, als der US-Arbeitsmarkt bietet. Er hielt den Rechten vor: »Wir haben hier einen andauernden Mangel an exzellenten Talenten in den Ingenieurswissenschaften.« Im Silicon Valley, schrieb Musk auf X, sei das ein »fundamentaler, die Entwicklung einschränkender Faktor«.“
Musk dürfte hierzulande bekannt sein, siehe oben. Herr Ramaswamy war selbst Präsidentschaftskandidat und soll mit Musk die amerikanische Verwaltung, einen wahren Augiasstall, mit eisernem Besen auskehren. Milei lässt grüßen.
Apropos: Der rabiate Gaucho taucht auch hierzulande immer öfter in den Medien auf. Christian Lindner lud Musk zum Gespräch ein.
Lindner hatte Anfang Dezember geäußert, Deutschland müsse »ein klein bisschen mehr Milei oder Musk wagen«. Kurz vor Weihnachten erklärte Musk dann auf seiner Plattform X und neulich in der renommierten Welt, nur die AfD könne Deutschland retten. Daraufhin lud Lindner ihn zu einem Gespräch ein, um ihn von den Vorzügen der FDP zu überzeugen.
Sapperlot: Wo sollen die Mengen an Kettensägen herkommen für die FDP-Mitgliederschar? Die Firma Stihl ist zu den Eidgenossen abgewandert. Sollen die Liberalen etwa mit billigem chinesischem »Klumpp« arbeiten?
Da hält der Apostat Volker Wissing dagegen. Er kritisierte FDP-Chef Christian Lindner dafür, Elon Musk als Vorbild für Deutschland darzustellen. »Wer offen und direkt rechtspopulistische Politiker und Parteien unterstützt – sei es finanziell oder verbal –, kann niemals Vorbild für liberale Politik sein«, sagte der aus der FDP ausgetretene Wissing der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. »Elon Musk verfolgt mit seinem Geld und als Eigentümer der Plattform X eine eigene Agenda, obwohl er gerade bei Letzterem zur Neutralität verpflichtet wäre«, sagte Wissing.
Der Wirtschaftsstandort Deutschland lebe nicht von der politischen Disruption, sondern von politischer Stabilität: »Die Tatsache, dass unser Grundgesetz gegen disruptive Veränderungen ausgerichtet ist, schafft die Investitionssicherheit, die unser Land wirtschaftlich stark gemacht hat.«
Das musste doch einmal gesagt werden! Schluss mit der Debattiererei! Politische Disruption? Nein, danke! Klarer kann man es nicht ausdrücken.
Zurück zum amerikanischen Kuddelmuddel. Musk weiß als innovativer Unternehmer genau, dass mit den meisten seiner Mitbürger technisch und wissenschaftlich kein Blumentopf zu gewinnen ist. Schon lange kommt das Gros der Angestellten im Silicon Valley und in vergleichbaren Lokalitäten aus Asien, wo noch ein Bildungssystem vorherrscht, das Absolventen hervorbringt, die mehr als bis drei zählen können. Das schafft das US-amerikanische nicht, genauso wenig wie unsere Anstalten der höheren Bildung.
Und Musk würde doch riskieren, auf einer etwaigen Reise zum Mars von einer Genderwissenschaftlerin in ein schwarzes Loch geschossen zu werden. Also bleibt er realistisch: Die Expertise muss her, woher auch immer. Und dazu braucht es Greencards und Visa – sonst ist nicht nur Holland in Not.
Was aber, wenn andere stramme Republikaner ebenfalls nicht auf ihre Kindermädchen, Köchinnen und Rasenmäher verzichten wollen? Wo ist die Grenze, wo man dann „ausgeschafft“ wird, wie die Schweizer sagen würden?
Der Alt-Right-Flügel der Republikaner grummelt schon. So hatte man sich MAGA nicht vorgestellt.
Hier spaltet sich wohl der Trumpismus in zwei Lager: ein national-konservatives und ein kapitalistisch-libertäres. Dass wir in der BRD keines von beiden auch nur im Ansatz in den Parteien der großen Mitte unserer politischen Landschaft finden, sei am Rande angemerkt. Schillers Verse: „Zurück, du rettest den Freund nicht mehr, so rette das eigene Leben“ verhallen ungehört, und keiner der möglichen Koalitionäre der kommenden Regierung will die Rutsche nach unten verlassen.
Eigentlich sind die beiden Strömungen des Trumpismus im Ansatz zwei verschiedene Parteien, die momentan nur dadurch zusammengehalten werden, dass sie die einzige Alternative zu den Harris-Demokraten waren. Ich sage bewusst: waren. Die Kluft dürfte tiefer werden. Musk hat natürlich Recht, und Trump scheint auf seine Linie einzuschwenken. Die Defizite eines „woken“ Bildungssystems können nicht in wenigen Jahren aufgearbeitet werden: Wo Hirn fehlt, muss es eben importiert werden. „Der Inder macht’s geschwinder“, hieß es mal vor Jahren. Dass der universelle Braindrain Richtung USA abläuft, ist wohl klar.
Eigentlich wären die Ziele des nationalistisch-konservativen und des kapitalistisch-libertären Flügels ein idealer Gegenstand parlamentarischer Debatten. Doch die dürfte es „drüben“ bei der existentiellen Spaltung der Gesellschaft kaum geben. Der Konflikt wird wohl per Ordre de Mufti entschieden. Dabei scheint es wahrscheinlich, dass die „Ritter von Donalds Tafelrunde“ – sein Sohn, Vance und Musk – das letzte Wort haben dürften.
Umso mehr irritiert die momentane Debatte um Musks Auftritt in der Welt. Es wird ernsthaft diskutiert, ob man dem wohl einflussreichsten Berater des kommenden amerikanischen Präsidenten eine Plattform in Form eines Pro-und-Kontra-Artikels geben dürfe. Offensichtlich hat man in der Mainstreampresse nicht nur den Schuss, sondern eine ganze Salve nicht gehört und befindet sich in einem schockartigen Zustand des „Denial“.
Deutlich wird auch, für wie unbedarft – um nicht zu sagen „blöde“ – das Wahlvolk gehalten wird, wenn man glaubt, ein Artikel in der, ja nicht gerade auflagenstarken, Welt, die sich ihrer intelligenten Leser rühmt, könnte die Wahl beeinflussen. Viel wahrscheinlicher ist, dass schon die Debatte darüber im „Aiwanger-Paradoxon“ endet: Je mehr man die eigene Tugendhaftigkeit inszeniert, desto mehr schadet man sich am Ende. Aber das scheinen die „Großkopfeten“ in den Redaktionen einfach nicht zu kapieren.
Wem wären nicht die Breitseiten aufgefallen, die dereinst auf Trump, Meloni, Salvini, Le Pen, Wilders, Orbán et tutti quanti abgefeuert wurden? Es besteht bei Trump die Gefahr, dass er das nicht vergessen hat. Gewisse Rachegelüste schimmern bei ihm durch, wenn man ihm zuhört.
Was bedeutet dann der Musk-Artikel in der Welt? Ist er schon ein Feigenblatt für zukünftiges Ungemach im transatlantischen Verhältnis? Man wird sehen.