Linke Intellektuelle im Dienst des Totalitarismus

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Wie die Kunstavantgarde den Weg für die Woke-Bewegung bereitete – das Beispiel John Cage

Wer den gegenwärtigen Erfolg der Woke-Bewegung, Cancel Culture, Critical Race Theory und Queerismus verstehen will, sollte unbedingt zu Tom Soras Buch greifen. Nur wer die Vorgeschichte kennt, kann begreifen, was sich gegenwärtig abspielt und Gegenwehr leisten.

Das Beispiel des hier weitgehend unbekannten amerikanischen Musikers John Cage ist insofern interessant, als er den Typus des linken Luxusintellektuellen verkörpert, der vom Wohlstand und der Freiheit der Gesellschaft, die er abschaffen will, hemmungslos profitiert.

Tom Sora beginnt seine Analyse mit einem Verweis auf die hellsichtige Philosophin und Analytikerin des Totalitarismus Hannah Arendt. Sie schrieb bereits 1952, als Stalin noch lebte, dass es eine Illusion wäre zu glauben, dass alles in Ordnung sei, wenn es Stalin und Hitler nicht gäbe. Im Gegenteil: „Es könnte sogar sein, dass die wirklichen Probleme der Zeit sich in ihrer wahren Gestalt … erst zeigen werden, wenn die totalitären Diktaturen eine Sache der Vergangenheit geworden sind.“ Wie recht sie behalten hat, wissen wir, seit wir erleben müssen, dass nach dem Verschwinden des „sozialistischen Lagers“ sich ein neuer Totalitarismus im gesamten Westen ausbreitet.

Dieser neue Totalitarismus ist ein modernisierter Marxismus-Leninismus, der nicht schwarz, wie die bolschewistischen Schergen, sondern bunt daherkommt und der sich einer scheinbar sanften Sprache bedient, die eine Verschleierung der knallharten Inhalte ist. Der neue Totalitarismus mordet nicht mehr, betreibt keine Lager, sondern setzt mit mittelalterlichen Methoden wie Anprangerung und brutaler Ausgrenzung (im Mittelalter nannte man es Vogelfreiheit) alle unter permanenten Druck, die sich der herrschenden Meinung nicht beugen wollen. Das Ziel ist das alte: Die Zerstörung der bürgerlichen Gesellschaft, des westlichen Lebensmodells, das wie kein anderes für Massenwohlstand und Freiheit seiner Bürger gesorgt hat. Nichts am heutigen Wokismus ist neu. Alle seine Vorstellungen und Forderungen sind über hundert Jahre alt. Aber erst jetzt sind die Möchtegern-Zerstörer der freien, wettbewerbsorientierten, demokratischen Wohlstandsgesellschaft in der Lage, mit ihren Ideen die Mehrheit der Bevölkerung zu indoktrinieren.

Tom Sora zeichnet in seinem Buch nach, wie es dazu kommen konnte. Die Akteure sind seit hundert Jahren Intellektuelle und vor allem Künstler, die sich selbst als Avantgarde, heute Elite, verstehen und mit der Arroganz der Macht sich berechtigt sehen, die Mehrheit umzuerziehen. Das Ziel ist die Zerstörung des Individuums zugunsten eines Kollektivwesens, das keine eigene Meinung mehr bilden soll und kann und das den Anweisungen der Obrigkeit widerstandslos gehorcht.

Die Schwächung des Westens, die heute überall spürbar geworden ist, wurde auf einer ideologischen Ebene durch jahrzehntelange Maulwurfsarbeit „vieler profund arroganter und verantwortungsloser Vertreter der geistigen Berufe“ erreicht. „Sie haben in den letzten Jahrzehnten durch Infiltration aller Institutionen allmählich die Macht in den westlichen Demokratien ergriffen“ und sind dabei, alles, was die westliche Lebensweise so wertvoll macht, zerstören zu wollen.

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts haben sich prominente, vom Marxismus inspirierte englische Künstler und Intellektuelle für eine „utopisch-paternalistische und planwirtschaftliche Variante des Sozialismus“ eingesetzt. Dies sollte durch eine Veränderung des Bewusstseins der Bevölkerung erreicht werden. Sie nannten sich „Fabian Society“. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben viele Künstler in Europa dieses Denkmodell und den damit verbundenen Anspruch übernommen. Sie waren aber radikaler als ihre englischen Vorläufer. Sie wollten nicht nur das Bewusstsein verändern, sondern die Macht erobern. Sie nannten sich Avantgardisten und hatten nur beschränkten politischen Erfolg.

Das änderte sich nach dem Zweiten Weltkrieg. Die propagandistische Aktivität der Avantgarde-Künstler begann ab 1960 Früchte zu tragen und Einfluss auf breitere Kreise der Bevölkerung zu nehmen. Ihr Ziel war es stets, die westliche Gesellschaft durch Kulturkampf zu destabilisieren und schließlich durch einen totalitären Kollektivismus zu ersetzen. Diese Künstler sind mitverantwortlich für den heutigen „Great Reset“ genannten Versuch, die westliche Zivilisation durch eine kollektivistische Gesellschaft zu ersetzen, in der es kein Eigentum mehr geben soll, da alles Lebensnotwendige von staatlichen Dienstleistern bereitgestellt wird. So formulierte es in aller Offenheit der Chef des WEF, Klaus Schwab. Ob dieses Ziel allerdings bis zur ausgegebenen Zielmarke 2030 erreicht werden kann, ist gegenwärtig fraglich, da die „goldene Gelegenheit“ (Prince Charles) der Corona-Krise wegen des globalen Widerstands nicht genutzt werden konnte, um auf diesem Weg entscheidende Fortschritte zu erzielen. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben. Die Ausrufung von 2030 allein zeigt, wie nah sich die großen Transformer ihrem Ziel schon wähnen.

Es war der sozialistische Ideologe Graf Henry de Saint-Simon, der den Begriff Avantgarde prägte, als auch ihre politische Rolle als „Elite“ definierte. Die Kunst könne „die öffentliche Meinung und letztlich das Verhalten der Menschen durch die Kraft der Gefühle beeinflussen“. Deshalb seien Künstler die Vorhut bei der angestrebten Veränderung der Gesellschaft. Sie brauchten weder besonders begabt sein, noch sich durch originelle künstlerische Leistungen auszeichnen, um dem Ziel der vereinheitlichten, widerspruchsfreien Gesellschaft dienen zu können. Für Saint-Simon waren Künstler eher etwas, das heute als „Meinungsmacher“ bezeichnet wird.

Anfang des 20. Jahrhunderts hat dann Lenin den Begriff der Avantgarde erweitert, indem er ihn mit der marxistischen Revolutionstheorie verschmolz zur Avantgarde der Partei oder des Proletariats. Der Umschwung, den sich Saint-Simon noch friedlich und gewaltfrei vorstellte, sollte nach Marx und Lenin durch eine Diktatur erfolgen.

„Der Übergang von der kapitalistischen Gesellschaft, die sich zum Kommunismus hin entwickelt, zur kommunistischen Gesellschaft ist unmöglich ohne eine „politische Übergangsperiode“ und der Staat dieser Periode kann nur eine revolutionäre Diktatur des Proletariats sein.“

Während Marx noch dachte, dass das Sein das Bewusstsein bestimme und die proletarische Revolution kommen würde, sobald die Verhältnisse dafür reif seien, war Lenin der Meinung, dass die Revolution durch propagandistische Indoktrinierung herbeigeführt werden müsse. Also müsse dem Proletariat „Klassenbewusstsein“ eingeimpft werden. Es fanden sich jede Menge „nützliche Idioten“ (Lenin), die diese Aufgabe gern übernahmen. Von den vielen seien nur Bert Brecht, Hanns Eisler, Wladimir Majakowski und George Bernard Shaw genannt.

Es ist aber vor allem Antonio Gramsci, der sich in seinen Schriften mit der revolutionären Rolle der Künste und der Künstler auseinandergesetzt hat.

Die neue, bewusstseinsverändernde Kultur könne nur durch Kampf erreicht werden. Dieser Kampf müsse mit der modernen pädagogischen Theorie und Praxis in Verbindung gebracht werden.

„Aber das pädagogische Verhältnis kann nicht auf die spezifischen Bedingungen der Schule beschränkt bleiben“, sagt Gramsci:

„Jenes Verhältnis besteht in der ganzen Gesellschaft in ihrer Gesamtheit“. Dieser Kampf soll den „kollektiven Menschen“ erzeugen. Dafür muss die Sprache und der Sprachgebrauch in den Fokus gerückt werden. Im Klartext: Die Umerziehung soll durch Sprachdiktate erfolgen. Wenn man das weiß, wundert man sich nicht, dass die „Meinungsmacher“ so verbissen gendern, auch wenn die übergroße Mehrheit der Bevölkerung das ablehnt. Was ist das Ziel? Gramsci: „nichts anderes, als die bestehende Kulturform zu zerstören.“

Mit welchen Mitteln die Zerstörung erfolgen soll, ist morgen auf diesem Blog das Thema.

Tom Sora: „Intellektuelle im Dienst des Totalitarismus“, Solibro 2024



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