Von Gastautor Hans-Jürgen Wünschel
Schon einmal geriet dieses Museum in die Schlagzeilen. Vor Jahren titelte die Monopolzeitung der Pfalz „Die Rheinpfalz“ über „Edles Blendwerk“ im Museum. Warum nun wieder eine verunglückte Ausstellung? Warum in Speyer? Seinem Wunsch entsprechend wurde der erste Habsburger König, Rudolph I. 1291 im Königschor des Domes beigesetzt.
Die Ausstellung versucht zu vermitteln, wie die Habsburger Herzöge aus der Schweiz allmählich gegen viele Widerstände den Aufstieg vom Grafengeschlecht zur Königs- und Kaiserdynastie erlangten.
Die Ausstellung ist in 27 Abschnitte unterteilt, die zu Beginn eines jeden Raumes in groben Überblicken beschrieben werden. Was erwartet den Neugierigen? Etwa 200 Exponate: Urkunden, Harnische, Reliquienkreuze, Trinkgeschirr und Gemälde. Meist Originale, Leihgaben von sehr vielen Museen und Archiven in Frankreich, der Schweiz, Österreich und Deutschland. Herausragend das Original der „Goldenen Bulle“ von 1356, doch wurde diese leider nicht von einem Habsburger unterzeichnet, sondern von dem damals regierenden Luxemburger Karl IV. Will die Ausstellung nicht Habsburger vorstellen? Im 14. Jahrhundert findet sich Habsburg nur noch bei den Herzögen wieder, die wohl kaum mit dem Aufstieg der Dynastie etwas zu tun hatten, so dass man den Blick über die zeitliche Kontinuität verliert. Nicht einmal eine so notwendige Zeitleiste wird dem Besucher angeboten. Ist die Schau nur für Profihistoriker und -archivare gedacht? Der nicht historisch Gebildete, staunt wohl über die mehrere Jahrhunderte hinweg aufbewahrten Relikte des Mittelalters, kann jedoch wohl kaum mit ihnen etwas anfangen, außer zu sagen, schön, was die Leute damals schon alles getrieben haben. Sämtliche Urkunden und literarischen Texte werden im Original (!) also in althochdeutscher oder lateinischer Sprache präsentiert. Warum gibt es aber von den wichtigsten Aussagen keine deutsche Übersetzung? Was soll der Besucher auch mit den Bezeichnungen fol.5r, 3r, 7v oder mit den Begriffen Kopialbuch, Urbar, Posthumus, Vidimus, Regest, Codex, Reichslandvogteien, Bulle usw. anfangen?
Habsburger Könige gab es in der für die der Ausstellung betreffenden Zeit nur von 1273 – 1308 und von 1438 – 1519. Die Geschichte der Herzöge von 1308-1438 erzählt besonders, dass sie sich durch die Fälschung des „Privilegiums maius“ eine Rangerhöhung versprachen. Diese Urkunde ist im Original zu sehen. Der Aufstieg basierte also auch auf Lug und Trug, wovon die Ausstellung nur versteckt spricht. Wie auch hier muss der Besucher den etwas teuren, aber nur zum Teil informativen Katalog hernehmen, um sich näher zu informieren. Doch dieser bietet ein Sammelsurium von Aufsätzen, beschreibt nur beiläufig die Exponate und kann auch nicht während des Rundgangs angesehen werden, da alle Wände der Ausstellung in einer satten schwarzen Farbe gehalten und nur die Vitrinen beleuchtet sind. Nach einer halben Stunde ist der Besucher ermüdet, sehnt sich nach Tageslicht, schließlich ist er ja nicht in einem Kohlebergwerk. Die beschränkten Räumlichkeiten lassen kaum mehr als 15 Personen je Raum, höchstens zwei Personen bei der Besichtigung einer Vitrine zu
Die Kuratorin der Ausstellung, sonst im Museum für das frühe Mittelalter zuständig, hat sich fleißig bemüht. Aber was war und ist der erkenntnisleitende „rote Faden“, der ob der vielen Originale sehenswerten Ausstellung? Oder geht es nur darum, anhand der Objekte das Staunen hervorzulocken, nicht aber aufgrund der Ideen der damaligen Zeit Nachdenklichkeit zu schaffen? Wunderschön wird das elfenbeinerne Trinkhorn Albrechts III. präsentiert. Der Erzherzogshut regt zum Staunen an.
Die Ausstellungsmacher beachten wohl die Entwicklung der letzten Jahrzehnte in der Geschichtswissenschaft nicht. Die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte ist so gut wie ausgeblendet. Die Symbiose von Kapital und Krieg, Handel (Hanse!) und Herrschaft, doch auch die Entwicklung der Städte, die jahrelangen Städtekriege fehlen ebenso wie die beginnenden religiösen Umbrüche. Selbst die Erzeugnisse der neuen Druckkunst werden kaum beachtet. Warum werden das für die Geschichte der Stadt Speyer so wichtige Thema „Judenpogrome“ und die Verbreitung des „Schwarzen Todes“ ausgeblendet?
Im Mittelpunkt stehen fünf (!) männliche Habsburger von Rudolf I. (1218-1291) bis Maximilian I. (1459-1519). Wo bleiben die Frauen? War es nur ihre Aufgabe, möglichst viele Kinder zu gebären? Erreichte Rudolf I. seine Macht durch Heirat, oder durch Krieg auf dem Schlachtfeld bei Dürnkrut 1278 und Albrecht I. bei Göllheim 1298?
Zu Beginn der Ausstellung sieht der Besucher auf einem großen Bildschirm die Fernsehmoderatorin Bettina Schausten vor dem bekannten Emblem der Tagesthemen im Hintergrund. Sie will uns wie gewohnt in einer „Wahlsondersendung“ die Wahl Rudolfs I. 1273 vermitteln. Soll das ein Gag sein? Lächerlich. Nimmt dem Vorhaben die angepeilte Seriosität! Professionelle Ausstellungsmacher vermeiden so etwas. Offenbar führten Leute Regie, die heute Historisches, morgen Autos zeigen.
Der letzte Habsburger Maximilian I. wird müßig dargestellt. Sein mit dem König Ferdinand von Spanien 1494 geschlossenen Bündnis legte er den Grundstein für die spätere Weltgeltung des Hauses Habsburg: Sein Enkel Kaiser Karl V. sollte über ein Reich herrschen, in dem „die Sonne nicht mehr unterging“. Sehenswert das originale Totenbildnis Maximilians I..
Was bleibt nach dem Besuch der Ausstellung haften, die die historischen Personen nur als blutleere Figuren beschreibt? Wohl kaum ein Verständnis zur deutschen Geschichte im Spätmittelalter, das die Grundlagen für die kommenden Jahrhunderte legte.
Ausstellung
Die Habsburger im Mittelalter. Aufstieg einer Dynastie.
Historisches Museum der Pfalz; 16.10.2022 – 16.4.2023.
Eintritt: Erwachsene 18.- €, Kinder ab 6 Jahren 7.50 €.