Die Schulden der EU-Krisenstaaten am Mittelmeer wachsen und wachsen. Sie wachsen, weil die Haftung dafür und die Begleichung auf andere abgewälzt werden können – vor allem auf die deutschen Sparer und Steuerzahler. Und mit den Schulden wachsen auch die kreativen Ideen, wie aus- und erpressbare Bürger im Norden in eine immer engere Haftungsunion mit ausgabefreudigen Regierungen im Süden gedrängt werden können. Dazu erfindet die EU-Bürokratie einen finanzpolitischen Todesstern nach dem anderen.
Bereits der ESM war eine riesige Schulden-Kanone
Der „Europäische Stabilitätsmechanismus” (ESM) war in dieser Hinsicht schon ein recht großer Wurf. Nach der „alternativlosen“ Aushebelung der No-Bailout-Klausel der Europäischen Verträge zur „Rettung“ Griechenlands setzten die EU-Eliten den ESM als dauerhaften Pro-Bailout-Mechanismus an die Stelle des alten demokratischen Rechts. Das ging natürlich nicht ohne Lügen und Betrügen ab. Seitdem haften die Steuerzahler der einen Staaten für die Schulden der anderen, ohne per Wahl auf deren Haushalte und ihre Verteilung Einfluss nehmen zu können. Doch der ESM hatte den EU-Bürokraten nicht genug „Feuerkraft”. Ein paar Euro-Rebellen hatten ihn mit Hilfe des Verfassungsgerichts der alten Bundesrepublik gelähmt. Die Europäische Zentralbank (EZB) muss der imperialen Haftungs- und Transferunion deshalb mit einigen behelfsweisen Manövern wie dem Outright Monetary Transactions Programm (OMT), dem Quantitative Easing und der Niedrigzinspolitik über die Durststrecke helfen.
EDIS wird ein noch größerer Schulden-Topf als der ESM
Nun baut die Union an einem zweiten, noch größeren Todesstern. Auch der hat einen schönen Tarnnamen und heißt „Europäische Einlagensicherung“ bzw. “European Deposit Insurance Scheme“ (EDIS). Nachdem der ESM die Haftung für die Staatsschulden der Krisenländer vergemeinschaftet hat, soll EDIS nun auch die Haftung für die Bankeinlagen vergemeinschaften. Es geht um sehr viel Geld, denn die Bankeinlagen betragen knapp sieben Billionen Euro. Der zweite Todesstern ist immer größer. EDIS soll die Einlagensicherungen europäischer Banken in einen gemeinsamen Topf zusammenführen.
Jahrzehntelang angesparte Rücklagen solider deutscher Sparkassen und Raiffeisenbanken werden dabei mit europäischen Hochrisikobanken verrührt: „Ein regulatorischer Raubüberfall“, durch den Menschen, die ihr Sparverhalten an den Regeln des soliden Systems ausgerichtet haben, über Nacht ihrer Sicherheit und ihrer Erträge beraubt werden. Geht eine auf diese Weise mitversicherte Risikobank pleite, werden ihre Kunden über EDIS entschädigt. Da viele Banken des Südens, aber auch einige deutsche Großbanken ohne die derzeitige Niedrigzinspolitik der EZB sofort pleite wären, kann man EDIS im Grunde wie Deckungszusagen für die bereits aufgetretenen, nur noch nicht verbuchten Verluste dieser Banken betrachten. Die Mittel kann man also praktisch schon abschreiben, sobald EDIS die Arbeit aufnimmt.
Über EDIS wird auch für fremde Staatsschulden gehaftet
Besonders erbarmungslos würde EDIS im absehbaren Fall einer Staatspleite in Südeuropa zuschnappen, wie die Deutsche Bundesbank prophezeit: „Bei Ausfall des Sitzlandes“ würden über die Forderungsausfälle der jeweiligen nationalen Banken gegen ihren Sitzstaat diese Banken ins Straucheln geraten und die wirtschaftlichen Folgen durch EDIS vergemeinschaftet. Über diesen „Ansteckungsweg“ würde EDIS mit den Rücklagen solider deutscher Banken „indirekt für Staatsschulden anderer Länder einstehen“, so die Deutsche Bundesbank.
Doch nicht nur die von den Sparern finanzierten Rücklagen der Banken können via EDIS für die indirekte Absicherung von Staatsschulden der Euro-Krisenstaaten missbraucht werden. Wenn die gemeinschaftliche Haftung einmal geschaffen ist, geht sie nach den Entwürfen für EDIS weiter, auch wenn die Mittel aus dem EDIS-Topf einmal aufgebraucht sind. Einer Gemeinschaftshaftung könnten sich die Staaten dann nicht mehr entziehen. Das heißt im Klartext, dass auch der deutsche Steuerzahler dann gezwungen würde, verlorene Einlagen in Südeuropa zu erstatten. Dann entfaltet der Todesstern seine ganze Feuerkraft.
Abschließend: Wer profitiert eigentlich von EDIS?
Von EDIS profitieren zum einen die Banken in Schieflage, Banken wie die Banca Monte dei Paschi di Siena, die beim sogenannten Stresstest der Bankenaufsicht im Juli 2016 von allen Banken am schlechtesten abgeschnitten hat. Die Aussicht auf die Möglichkeit, über EDIS auf die Bankrücklagen vor allem in Deutschland zugreifen zu können, hilft diesen Banken, trotz aller Krisen ihre Kunden und damit sich selbst über Wasser zu halten. Den Staatslenkern der Krisenstaaten hilft EDIS, Steuergelder für Bankenrettungen und Einlagensicherungen zu sparen und entlastet sie so vom Druck zur Sanierung ihrer Haushalte.
Doch die größten Nutznießer sitzen an der Spitze der EU-Nomenklatura. Dem EZB-Präsidenten Mario Draghi ermöglicht EDIS, das von ihm maßgeblich mit aufgebaute finanzpolitische Kartenhaus in der EU noch einmal eine Weile vor dem Einsturz zu bewahren. Draghi würde den Todesstern steuern. An die in seiner EZB angesiedelte Bankenaufsicht wäre letztlich die Entscheidung gekoppelt, an wen und wann EDIS-Mittel ausgeschüttet werden. Für EU-Oberkommissar Jean-Claude Juncker wäre EDIS ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum EU-Superstaat, der die nationalen Demokratien permanent übergehen kann. Juncker ist der Hauptverantwortliche für den sogenannten „Fünf-Präsidenten-Bericht“ von 2015, in dem die EU-Pläne zu EDIS konkreter ausformuliert wurden.
Schon bald soll EDIS in Kraft treten und in einem Automatismus schrittweise bis zum Jahr 2024 vollständig installiert werden. Ein Rückwärtsgang ist nicht vorgesehen. Wer sich gegen EDIS aussprechen will, muss dies jetzt tun!
Dieser Artikel zu EDIS wurde von Vera Lengsfeld als Teil einer Informationskampagne der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) im Europaparlament verfasst. Weitere Informationen finden Sie unter www.stoppt-edis.de.