Straßennamen mit Beipackzettel

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Politisch korrektes Umbenennen ist total in. Zuletzt hat es die Greifswalder Universität getroffen, die sich nicht mehr nach Ernst Moritz Arndt benennen will. Auch in Wien, Osnabrück und Gießen wird umbenannt, um nur einige Beispiele herauszugreifen. Und natürlich in Berlin, wo exzessive Straßenumbenennungen ja eine gewisse Tradition haben.

Nun sind zwölf Straßennamen in Freiburg an der Reihe, darunter der Martin-Heidegger-Weg und die Hindenburgstraße. Eine Kommission hatte untersucht, welche Freiburger Straßennamen einen Bezug zu Militarismus, Diktatur, Nationalismus, Antisemitismus, Chauvinismus, Minderheitenverfolgung und Kolonialismus aufweisen.

Besonders schön ist der neue, auch in Freiburg zu besichtigende Trend, die Straßennamen in zwei Kategorien aufzuteilen. Kategorie A verfällt sofort der damnatio memoriae, während Kategorie B noch eine Galgenfrist erhält. Die B-Namen werden nicht gleich umbenannt, sondern mit einem kleinen Schild als eine Art Beipackzettel versehen, auf dem vor ihren gefährlichen Inhalten gewarnt wird. Das ist clever, denn so lässt sich der Bildersturm auch auf Namen ausweiten, deren direkte Entfernung vielleicht nicht so leicht vermittelbar gewesen wäre, weil sie trotz ihrer durchaus dunklen Seiten noch über eine große Anhängerschaft in der Bevölkerung verfügen.

Jeder, der auf dem Schildchen liest, wie schlimm der Straßennamensgeber war, fragt sich dann womöglich empört, warum die Straße denn noch immer nach dem benannt ist. Dann ist die endgültige Namenstilgung sicher nur noch eine Frage der Zeit. Auf diese Art kann das korrekte Geschichtsbewusstsein der Massen gehoben werden. Das ist besonders wichtig in diesen Zeiten, in denen der traditionelle Geschichtsunterricht überall eingestampft wird.

Die Initiativen aus Freiburg und anderen Städten sind deshalb zu begrüßen. Sie gehen aber nicht weit genug. Zu viele Namen mit Bezug auf Militarismus, Diktatur und Minderheitenverfolgung blieben bis jetzt unbehelligt. Was ist zum Beispiel mit dem Angriffskrieger und Unterdrücker Karl dem Großen. Nach dem sind viele Straßen und sogar ein Europäischer Preis benannt. Was ist mit den grausamen Eroberern Sultan Selim I. und Mehmet II., nach denen in Deutschland viele Moscheen benannt sind? Gehört da nicht auch ein Warnschild dran?

Gleich weitermachen kann man dann mit den vielen nach dem Antisemiten Karl Marx benannten Straßen. Und Rosa Luxemburg ist auch nicht ohne. Träumte sie doch von einer terroristischen Diktatur und der Auslöschung ganzer Klassen. Ich sage: Schildchen dran. Ganz zu schweigen von Ernst Thälmann, der die deutsche KP brachial auf Stalins Linie trimmte und der erhebliche Mitverantwortung an den Toten der „Aufstände“ 1923 in Hamburg und Mitteldeutschland trägt, die von der KPD mit angezettelt wurden.

Das wäre doch mal eine zivilgesellschaftliche Aufgabe für die Bürger in Freiburg und anderen Städten: Lasst uns alle Namen im öffentlichen Raum, die unsere Obrigkeiten bisher vergessen haben, mit Warnschildern versehen!



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