Vera Lengsfeld

Vera Lengsfeld

News vom Samstag, 06 August 2022

Glosse zur Sparwut: Mit Schnippchen ein Schnäppchen machen

Von Gastautor Steffen Meltzer

Politiker, Medien und gute Mitbürger überschlagen sich zurzeit mit Sparvorschlägen. Unser Leben wird zunehmend eingeengt. Es besteht zum Beispiel nur noch die Chance, an Corona oder dem Klimawandel zu sterben. Der natürliche Tod wurde per Glaubenserlass von ganz oben abgeschafft, ebenso wie die zwei biologischen Geschlechter. Deshalb ein Vorschlag zur Einsparung von Wasser, Energie u. a. überlebenswichtigen Menschheitsressourcen:

Machen wir es kurz: Das gute alte Plumpsklo muss wieder eingeführt werden. Leben wie zu Omas Zeiten wird chic und modern! Um die Leute noch etwas mehr zu beschäftigen, soll das nach Bioexkrementen geruchsintensive Trockenklo (mit Holzdeckel, Handknauf und Jauchegrube) direkt eine Treppe tiefer eingebaut werden. Wer ein unsolidarisches Haus sein Eigen nennt, muss dabei über den unbeleuchteten (Strom sparen!) Hof gehen, selbstverständlich auch zur Nachtzeit. Der Lokus wird outgesourct, ähnlich der Politik, bei dem anrüchige Lobbyisten die Entscheidungen treffen.

Wichtig ist, dass auf diesem Abort kein elektrisches Licht eingeschaltet werden kann. Kerzen oder Öllampen sind ausreichend und voll im Biotrend. Abgegebene Winde (bestehen aus 65 Prozent Stickstoff, 20 Prozent Wasserstoff, zehn Prozent Kohlendioxid, drei Prozent Methan) sind über ein mechanisiertes System, das an einen externen Dieselgenerator angeschlossen ist (wichtig, falls wieder einmal der Strom ausfällt), aufzufangen und vorzugsweise mit dem SUV oder Porsche aus der Tiefgarage zur Sammelstelle zu bringen. Sie werden als Ersatz für das nicht gelieferte Erdgas in den Wirtschaftskreislauf eingespeist. Niemand muss wegen seines schicken Transportfahrzeuges dabei ein schlechtes Gewissen haben. Die Doppelmoral ist ohnehin schon längst zur vorherrschenden Lebensweise geworden.

Das neue Gemeinschaftsgefühl

Somit schafft es Deutschland Unmengen an Wasser zu sparen, das wertvolle Nass benötigt zum Beispiel Elon Musk für seine neue Teslafabrik in Brandenburg. Die hat allein den Verbrauch einer Stadt, ja die erneuerbaren Energien sind uns lieb und teuer. Auf die Natur kann dabei keine Rücksicht genommen werden.

Gleichzeitig treten wir durch das neue Dunkeldeutschland auf den hiesigen Latrinen dem Klimawandel entschieden entgegen. Dieses Gemeinschaftsgefühl schweißt zusammen, denn alle, die mitmachen gehören zu den Guten. Ein tolles Gefühl! Um sich als Gleichgesinnte untereinander zu erkennen und Mut zuzusprechen, wird in den unsozialen „Sozialen Netzwerken“ das eigene Porträtfoto mit den Initialen: „Ich benutze ein Plumpsklo“ als Vorlage angeboten. Begeisterung macht sich breit.

Geiz ist geil

Das war aber noch nicht alles an den Einsparungsmöglichkeiten: Dem tonnenweisen Import von Toilettenpapier schlagen wir ein lachendes Schnippchen. Die einheimische Produktion können wir getrost einstellen. Das ehemals dekadent-luxuriöse Abwischpapier, des Deutschen beliebtestes Statussymbol im Supermarkt, ist damit im Zeichen des gesamtgesellschaftlichen Fortschritts, ein antiquiertes Auslaufmodell. Als Toilettenpapier soll zukünftig wieder wie einst, die Tageszeitung genutzt werden. Hier kommt es nicht darauf an, ob die nachhaltige Nutzung vor oder nach dem Lesen erfolgt. Wichtig wäre ohnehin nur, was nicht gedruckt wurde und das ist eine ganze Menge. Wer das Abo seines Lokalblattes aus verständlichen Gründen schon längst gekündigt hat, besorgt sich ein 14-Tage Print-Abonnement der Lokalpresse oder nutzt die Werbeflyer aus dem Briefkasten. Die kosten nix!

Eine Sekunde

Dieser chinesische Film hätte aus mehreren Gründen eine große Bühne verdient. Aber er wird nur in kleinen Kinos, meist nachmittags, gezeigt und der Saal ist fast leer. Bei der Vorstellung gestern in den Hackeschen Höfen waren außer mir nur drei Zuschauer anwesend.

Dabei ist über dieses Werk viel geschrieben und spekuliert worden. Er sollte auf der „Berlinale“ 2019 gezeigt werden, wurde aber nur vier Tage vor der Aufführung aus „technischen Gründen“ zurückgezogen. Die französische Jurypräsidentin Juliettte Binoche bedauerte bei der abschließenden Preisverleihung im Namen der gesamten Jury, dass der Film nicht gezeigt werden konnte, vermied aber direkte Kritik an der chinesischen Regierung. Ein im Westen nur zu übliches Vorgehen.

„Zhang war eine wichtige Stimme im internationalen Kino. Wir brauchen Künstler, die uns helfen, die Geschichte zu verstehen Wir hoffen, dass dieser Film bald auf der ganzen Welt zu sehen sein wird.“

Inzwischen ist der Film zu sehen und er trägt sehr viel zur Aufklärung über die Geschichte der Mao-Diktatur bei, obwohl er offensichtlich entschärft werden musste. Die Film-Crew kehrte an den Drehort zurück und mehrere Szenen wurden neu gedreht. Andere wurden umgeschnitten. Was übrig blieb, ist eindrucksvoll genug.

Gezeigt wird die Geschichte eines aus der Lagerhaft geflohenen politischen Gefangenen der Kulturrevolution, der sich unter Lebensgefahr durch die Wüste Gobi schlägt, um in einem Oasendorf an einer Filmvorführung teilzunehmen. Sein Interesse gilt aber nicht dem propagandistischen Hauptfilm, sondern der Wochenschau 22, in der seine 14jährige Tochter, die er seit sechs Jahren nicht gesehen hat, zu sehen sein soll.

Schon der Filmbeginn ist grandios:

Es wütet ein furchtbarer Sandsturm. Der Himmel verdüstert sich, der Wind treibt den Flüchtling vor sich her, es herrscht ohrenbetäubender Lärm. Es sind stürmische Zeiten voller Gewalt. Dieser Sturm sagt mehr, als es Bilder aus dem Lager könnten. Er symbolisiert den einsamen Kampf gegen eine scheinbar unbezwingliche Übermacht. Diese Szene ist existenziell und zeugt von der souveränen ästhetischen Meisterschaft des Regisseurs Zhang Yimou, einem der ganz Großen des chinesischen Films. Im Film erzählen Farbe, Licht und Bildkomposition eine komplexere Geschichte als der vergleichsweise schlichte Plot um eine gestohlene Filmrolle.

Die Rolle des politisch gewollten Totholzes bei den aktuellen Waldbränden

In meinem Artikel "Im Irrenhaus sitzt der Letzte im Dunklen" habe ich auf die fatale grüne Idee hingewiesen in zu schaffenden "Waldwildnissen" auf zwei Prozent der Landesfläche und in Nationalparks kein Holz mehr entfernen zu dürfen. Das nicht entfernte Totholz brennt in der Trockenheit wie Zunder und ist für die verheerenden Schäden u.a. im Nationalpark Sächsische  Schweiz und im Nationalpark …
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