Von Hans Hofmann-Reinecke
Seit den jüngsten Raketenangriffen auf Israel drängt sich unvermeidlich die Frage auf, ob der Iran Atomwaffen hat. Leider besteht wenig Grund zu Optimismus. Der Islamische Staat hat vor den Augen der Welt und der Internationalen Atombehörde seine Bombe gebaut.
Des Irans nukleare Vergangenheit
Die geheimen nuklearen Anstrengungen des Iran reichen bis in die späten 1980er Jahre zurück, als das Land ein geheimes Programm zur Anreicherung von Uran begann, für das es Ausrüstung und Material aus Pakistan und China importiert hatte. Diese Aktivitäten mündeten zu Beginn der 2000er Jahre in den Amad-Plan, der explizit die Entwicklung von Atomwaffen zum Ziel hatte. Schließlich schöpfte die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) Verdacht und eine Inspektion entdeckte 2007 Bestände an Uran, wie sie in dieser Anreicherung und Menge gemäß Atomwaffensperrvertrag (NPT) nicht zulässig waren. (Hier ein Post von 2018 zu dem Thema)
Der Fund führte zu schmerzhaften, langjährigen Maßnahmen gegen das Land, insbesondere zur Sperrung iranischer Konten im Ausland. Nach zähen Verhandlungen mit den „5+1“, den ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen plus Deutschland, wurden die Sanktionen im Juli 2015 schließlich wieder aufgehoben. Mit viel Pomp wurde damals der entsprechende Vertrag, der Joint Comprehensive Plan Of Action (JCPOA)“ verabschiedet, den auch der damalige Außenminister Steinmeiner im Namen Deutschlands unterzeichnete. Damit hatte der Iran wieder zugriff auf seine Gelder im Ausland und verpflichtete sich im Gegenzug zur Einstellung der Entwicklung von Atomwaffen.
Der Iran fühlte sich dennoch keineswegs genötigt, seine geheimen Entwicklungsarbeiten zu beenden. Es war Israel, welches diesen Bruch des JCPOA aufdeckte, worauf hin die USA, unter Präsident Trump, ab Mai 2018 erneut Sanktionen verhängte, die im Prinzip noch heute in Kraft sind.
Milliarden von Jahren
Nach dem Ausstieg der USA aus dem JCPOA wurde das Abkommen vom Iran nicht mehr ernst genommen, obwohl doch von den ursprünglich „5+1“ immerhin noch „4+1“ mit von der Partie waren. Jedenfalls führte man jetzt die Aktivitäten, die bis dahin im Geheimen stattfanden, ganz ungeniert vor den Augen der Welt durch. Man versteckte sie auch nicht vor den Inspektoren der IAEA. Was waren das für verbotene Aktivitäten im Einzelnen?
Dazu ein paar Worte in Sachen Uran. Es ist auf den ersten Blick ein ganz normales Schwermetall, von Blei kaum zu unterscheiden. Es ist schwach radioaktiv, und hat eine Halbwertszeit in der Größenordnung von Milliarden Jahren, so konnte es seit Beginn der Schöpfung bis heute überleben. Normale, stabile Materie, so wie sie uns umgibt, hat ja unendliche Halbwertszeit, und davon sind die Jahrmilliarden nicht weit entfernt.
Wie die meisten Elemente besteht natürliches Uran aus einer Mischung unterschiedlicher Atome, die „von außen“, insbesondere in den chemischen Eigenschaften, nicht zu unterscheiden sind, deren Atomkerne aber verschieden schwer sind. So besteht der Stickstoff, den wir jede Minute literweise ein- und ausatmen, aus zwei verschiedenen „Isotopen“, die als N14 und N15 bezeichnet werden, wobei die Zahlen für die Masse der Kerne stehen. Uran besteht aus U235 und U238. Für die gängigen Kernkraftwerke und für Bomben ist nur U235 geeignet, und ausgerechnet dieses Isotop kommt in der Natur nur zu 0,72% vor: unter 140 Atomen ist also nur eines von der gewünschten Sorte.
Um einen typischen Reaktor zu betreiben muss diese Konzentration von 0,72% auf mindestens 4% „angereichert“ werden. Für den Bau einer Atombombe müssen es aber 90% sein. Diese „Anreicherung“ des natürlichen Urans ist ein extrem aufwändiger Prozess.
Pro Bombe 25 kg
Um ein Land daran zu hindern, seine eigenen Atombomben zu bauen, aber ohne den Zugang zu friedlicher Atomenergie zu versperren, wurde 1957 unter dem Dach der Vereinten Nationen, die schon erwähnte IAEA gegründet. Deren Inspektoren sollen sicherzustellen, dass kein Uran über das Maß von <4% hinaus angereichert wird. Diese Grenze war auch mit dem Iran im JCPOA nochmals festgesetzt worden. 2021 aber verkündete das Land lauthals, man werde jetzt auf 20% anreichern. Im Februar 2024 entdeckten IAEA Inspektoren dann in unterirdischen Fabriken Vorrichtungen, die einer noch höheren Anreicherung installiert waren. Im August fand die IAEA schließlich 165 kg auf 60% angereicherten Urans. Eine weitere Anreicherung auf 90%, also auf das anderthalbfache, wäre nun ein kleiner Schritt.
Mit anderen Worten: Aus dem 60%igen Vorrat könnten in kurzer Zeit 100 kg waffenfähiges Uran hergestellt werden! Pro Bombe bräuchte man 25 kg. Und so warnte der DG, der Generaldirektor der IAEA, Rafael Mariano Grossi, dass Teheran über genügend nahezu waffenfähiges Uran verfüge, um „mehrere“ Atombomben herzustellen, wenn man das wollte. Und dass die Mullas das wollen, daran besteht wohl kein Zweifel; wozu sonst hätte man sich all die Arbeit gemacht. Und die haben auch nichts dagegen, dass die Welt davon erfährt.
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