Leistungsbedarf für Wärmepumpen bei vollständiger Dekarbonisierung der Gebäudeheizungen – Alternativer Ansatz

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Von Gastautor Prof. Dr.-Ing. Michael Thielemann

Die Umstellung der Wärmeversorgung im Gebäudebestand auf Wärmepumpen
erscheint bei flüchtiger Betrachtung äußerst vorteilhaft. Bei einer Arbeitszahl von z.B. 3
würde man statt der bisher erforderlichen fossilen Energie nur ein Drittel davon als
Strom benötigen. Diese Betrachtung greift aber zu kurz, denn es wird nicht
berücksichtigt, dass die Wärmepumpe je nach Außentemperatur unterschiedlich
effizient ist. Die Effizienz ist am besten in Übergangszeiten, bei sehr niedrigen
Außentemperaturen leider am schlechtesten. Das ist ein Naturgesetz und auch nicht
durch technischen Fortschritt zu beheben. Jeder Wärmeerzeuger, egal ob Heizkessel,
Wärmepumpe oder Sonstiges, ist für die niedrigste zu erwartende Außentemperatur
auszulegen. Das maßgebliche Kriterium für die Wärmepumpen ist somit die sogenannte
Leistungszahl. Sie beträgt -optimistisch geschätzt- ca. 2, d.h. aus einen kW elektrischer
Leistung entstehen nur 2 kW Wärmeleistung.

Was bedeutet das für ganz Deutschland?
Nach Angaben des Umweltbundesamtes haben wir in 2021 ca. 43,1 Millionen
Wohnungen mit einer mittleren Wohnfläche von 92,1 m²
(https://www.umweltbundesamt.de/daten/private-haushalte-
konsum/wohnen/wohnflaeche#zahl-der-wohnungen-gestiegen).

Insgesamt müssen allein für Wohnzwecke also rund 4* 109 m² beheizt werden, nicht
eingerechnet Gewerbebauten, Schulen etc. Nun werden nicht alle Wohnungen mit Gas
oder Öl beheizt. Aus der Beheizungsstruktur für 2021 kann man entnehmen, dass nur
ca. 75% der Wohnungen mit Öl oder Gas beheizt werden, entsprechend 3* 109 m².
Quelle:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/162218/umfrage/beheizungsstruktur-des-
wohnbestandes-in-deutschland-seit-1975/

Jetzt benötigt man noch die zu installierende Heizleistung pro m² Wohnfläche. Für
ältere Wohngebäude bis in die achtziger Jahre kann man mit guter Näherung die sog.
0,1kW/ m² -Regel ansetzen. So macht es der Heizungsbauer überschlägig beim
Kesseltausch. Quelle z.B. folgende Tabelle:

https://www.energieverbraucher.de/de/heizungs–
dimensionierung__1237/ContentDetail__2736/

Daraus folgt, dass für die Beheizung an den kältesten Tagen eine Wärmeleistung von
3* 109 m² * 0,1 kW/m2 = 3* 108 kW oder 3*102 GW vorgehalten werden muss.

Setzt man stattdessen auf Wärmepumpen, benötigt man wegen der Leistungszahl 2 „nur“ 150 GW elektrische Leistung zusätzlich
für die Wärmeerzeugung zu Wohnzwecken. Selbst wenn es gelänge, durch umfassende
Gebäudesanierungen den spezifischen Wärmebedarf auf den wirklich guten Wert von
50 Watt/m² zu senken, benötigt man immer noch eine „backup“ Leistung von ca. 75 GW
alleine für die Gebäudeheizung. Derzeit sind insgesamt ca. 224 GW elektrische Leistung
installiert, davon ca. 51,6% für Wind und Photovoltaik. Diese regenerativen Energien
tragen übers Jahr aber nur zu 33% zur Stromerzeugung bei, Quelle:

https://www.bdew.de/service/daten-und-grafiken/installierte-leistung-und-erzeugung/

Dividiert man die gesamte Stromerzeugung i.H.v. 539,4 TWh durch 8760 h erhält man
die mittlere elektrische Leistung (für alle derzeitigen Anwendungszwecke) zu 61,6 GW,
davon ca. 20,3 GW durch Wind und Sonne (im Mittel, nicht bei Dunkelflaute).

Die Politik muss nun die Frage beantworten, wie zusätzlich diese 150 GW (nur für
Wohnzwecke wohlgemerkt) grundlastfähig bereitgestellt werden sollen. Hinzu kommen
noch andere Sektoren wie Verkehr und Industrie. Das ist eben nicht durch massiven
Ausbau der „Erneuerbaren“ zu leisten, da sie bei Dunkelflaute keinen wesentlichen
Beitrag leisten können. Dem interessierten Laien seien die wirklich schönen Statistiken
von AGORA-Energiewende empfohlen, z.B. :
https://www.agora-
energiewende.de/service/agorameter/chart/power_generation/13.01.2022/13.01.2023/toda
y/
Da lässt sich gut verfolgen, was Wind und Sonne denn wirklich leisten.

Fazit:
Der Strombedarf bei einer weitgehenden Umstellung der Beheizungsstruktur auf
Wärmepumpen lässt sich an sehr kalten Tagen nicht ansatzweise durch heimische
regenerative Energien decken. Der Aufbau der erforderliche Backup-Leistung durch
Gaskraftwerke, die ja nur an wenigen Tagen im Jahr benötigt würde, übersteigt alle
finanziellen Möglichkeiten. Jeder politische Entscheidungsträger, der solche Pläne vorantreibt, handelt völlig verantwortungslos.



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