Billig war gestern

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Die Zeiten der Billigflüge und -urlaube scheint unwiderruflich der Vergangenheit anzugehören. Die Reiselust der Deutschen ist zwar ungebrochen, aber wer sich aufmacht, muss ungewohnt tief in die Tasche greifen. Vor allem muss er sorgfältigst das Kleingedruckte in seinen Verträgen lesen.

Ich flog mit Eurowings ins schöne Kroatien und hatte für knapp 500 Euro einen Flug gebucht mit dem kryptischen Zusatz: „Eine zusätzliche Tasche“. Kein Problem, dachte ich und machte mich mit einem Kabinengepäckkoffer und meiner Laptoptasche auf dem Weg zum Flughafen. Als das Boarding begann, wurde ich von einer Angestellten gefragt, ob ich der Gruppe zwei angehörte, was ich bejahte. Da müsste ich für den Koffer 50 Euro zahlen, denn ich dürfte nur ein Gepäckstück mit ins Flugzeug nehmen. Der Koffer müsste verladen werden. Mir ist nicht bewusst gewesen, dass eine Laptoptasche ein Gepäckstück ist. Zeit zu Umpacken, so dass der Laptop noch in den Koffer gepasst hätte, wurde mir nicht gewährt. Also musste ich zahlen. Mein Koffer wurde keineswegs verladen, sondern kam, da es keine andere Möglichkeit gab, mit mir in die Kabine.

Ich buchte den Vorfall unter der Rubrik, dass die klammen Fluggesellschaften neue Richtlinien erstellen, um mehr Geld einzunehmen, denn später las ich, dass für alle Tickets, die vor dem 31. August gebucht worden waren, noch andere Regeln galten.

Ich beschloss, mir nicht die Reise verderben zu lassen.

Wir landeten, ordentlich durchgeschüttelt in Split, wo über den Bergen dunkle Gewitterwolken hingen. Das sei seit Tagen der Fall, erzählte mir der Taxifahrer, der mich ins Hotel brachte, aber seit Monaten war kein Tropfen gefallen. Die zehnminütige Fahrt kostete 23 Euro. Teurer als bei uns. Vielleicht sollte ich mich doch bei Uber anmelden.

Mein Zimmer war noch nicht fertig, also ließ ich mein Gepäck im Hotel und unternahm eine erste Erkundungstour nach Trogir. Die Stadt wurde in den 90er Jahren zum Weltkulturerbe erklärt. Sie wurde schon in vorrömischen Zeiten gegründet und ihr ältester Teil ist fast vollständig erhalten. Trogir steht auf einer Insel, die von den Römern geschaffen wurde, als sie einen Kanal zur Adria bauten. Die Gassen sind eng und wären romantisch zu nennen, wenn sie nicht wie eine Puppenstube wirken würden. Hier scheint kaum noch einer zu wohnen, aber es gibt unzählige Restaurants, Bars, Cafés und Geschäfte für die Touristen.

Ich sah Läden mit hübschen Leinenkleidern, die in Italien hergestellt wurden und im Latium, das ich kürzlich besucht habe, etwa die Hälfte kosten. Hätte ich mich für einen Kauf entschieden, hätte ich auch nur den halben Preis zahlen müssen, wie mir der Verkäufer sofort versicherte. Es scheint keine gute Idee zu sein, die Preise so hoch anzusetzen.

Später in einem der vielen Schmuckgeschäfte, mit traumhaft schönen Stücken fast dasselbe. Ich bekam, ohne zu handeln, eine wunderbare, fein gearbeitete Silberbrosche 40% günstiger.

Mein Verdacht, dass die Preise, zumindest in den Touristenzentren Kroatiens inzwischen deutsches Niveau erreicht haben, bestätigte sich, als ich die Restaurant-Angebote studierte, Abgesehen davon, dass dalmatinische Küche nicht zu finden war, lagen die Preise bei den Vorspeisen zwischen 10 bis 20 Euro für eine Portion Pasta zwischen 15 und 20 Euro, Fleisch- und Fischgerichte starten ab 25 Euro.

Ich entschied mich schließlich für Tintenfischgulasch auf Dalmatinische Art, was sich aber als Pasta in einer undefinierbaren braunen Sauce herausstellte, in der wenige Tintenfischstücke schwammen. Brot hatte ich keins haben wollen, bekam es aber trotzdem hingestellt, was dann auf der Rechnung mit zwei Euro zu Buche schlug. Aber es schmeckte wenigstens. Das günstigste Glas Wein kostete 10 Euro, die Cocktails zwischen 12 und 15 Euro. Das alles wäre nicht der Rede wert, wenn der Wein in einer Gegend, die berühmt für gute Weine sein soll, wenigstens halten würde, was man sich von ihm verspricht. Das ist aber nicht unbedingt der Fall. Das Essen, dass mir vorgesetzt wurde, kann ich leider auch nicht loben.

Dafür ist die Umgebung traumhaft. Wenn man auf der Hafenpromenade, mit Blick auf die Festung und das Wasser einen Aperol Spritz trinkt, entschädigt der Anblick für alles und man vergisst, dass der Cocktail eigentlich zu wässrig ist.

Wenn der Eisverkäufer Ljubo mit der dreijährigen Enkelin flirtet (und sie mit ihm!) und er ihr bunte Schirmchen für ihre Kugel Eis schenkt, die eigentlich den Eisbechern vorbehalten sind, zahlt man gern 2 Euro für eine Kugel, noch dazu, da das Eis einfach spitze ist.

Aber der billige Traumurlaub in Kroatien scheint für immer der Vergangenheit anzugehören.

Ab dem 1. Januar wird in Kroatien mit Euro bezahlt. Ich frage mich, wie die Kroaten mit ihrem Einkommen, das weit unter dem unsrigen liegt, hinkommen, wenn die Preise den unsrigen entsprechen.



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