Der Abstieg als neue Normalität

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Die „neue Normalität“, die uns Kanzlerin Merkel und ihre willigen Helfer für die Nach-Corona-Zeit angedroht haben, hat Deutschland längst im Griff. Im ehemals für seine Effizienz berühmten Land klappt nichts mehr. In der Hauptstadt hat es drei Tage gedauert, bis wenigstens die wichtigsten Hauptstraßen vom Schnee geräumt waren. Auf den Bürgersteigen liegt er immer noch und zwingt die Fußgänger zu vorsichtigen Trippelschritten. Als Erklärung liest man, dass die Verantwortlichen nicht mehr mit einem Schneewinter gerechnet und deshalb die Zahl der Räumfahrzeuge drastisch verringert haben. Die Deutsche Bahn hat schon bevor die erste Schneeflocke fiel, auf mehreren Strecken den Zugverkehr eingestellt. Die Berliner S-Bahn verkehrt nur noch unregelmäßig, weil die neuen Züge mit der weißen Pracht nicht zurechtkommen. Wem, wie mir, es ausgerechnet in diesen Tagen passiert, dass die Heizung abgestellt wird, weil ein Bauteil ausgewechselt werden muss, das die Heizungsfirma nicht vorrätig hat, sondern per Express aus Hannover bestellt, was früher per Express wenige Stunden dauerte, hat Pech. Heute ist das nicht in 24 Stunden zu schaffen.

UPS gibt dem Verkehrschaos auf den Straßen die Schuld. Vielleicht kommt das Teil ja morgen, sicher ist das keinesfalls. Wer so unvorsichtig war, keinen Ölradiator oder Heizlüfter für Notfälle bereit gestellt zu haben, ist aufgeschmissen. Früher hatten die Firmen solche Geräte vorrätig für den Heizungsausfall. Heute nicht mehr. Im Lockdown gibt es keine Möglichkeit, sich ein Gerät zu besorgen. Lieferung frühestens in drei Tagen, wenn überhaupt.

Die Solaranlagen sind zugeschneit und können keine Energie liefern, selbst wenn die Sonne schiene, die Flügel der Windräder müssen per Hubschrauber enteist werden, damit sie sich wieder drehen. (Wie gut, dass es noch Diesel gibt!). Die wenigen übrig gebliebenen Kohlekraftwerke arbeiten mit Hochdampf und stellen bisher die Stromversorgung sicher. Wie lange noch? Vorsorglich wurde schon gewarnt, dass die Bevölkerung sich auf Blackouts einrichten soll. Ich frage mich, wie diese Gesellschaft, die schon vor ein paar Schneeflocken hysterisch einknickt reagiert, wenn mal eine wirkliche Katastrophe eintritt.

Das Versagen wird mit jeder Menge Propaganda überdeckt. Da ist von Schneechaos die Rede, als wäre man im „Katastrophenwinter“ 1979, als der Schnee wirklich meterhoch lag. Damals wurde über die DDR gespottet, die große Probleme hatte, mit der Situation fertig zu werden, während der Westen die Lage ohne größere Schwierigkeiten meisterte. Jetzt reicht eine Schneehöhe bis zur Oberkante der Sneaker und die gesamte Gesellschaft gerät ins Stocken.

In einem Stück von Dario Fo habe ich seinerzeit den Satz gehört: „Zwar stecken wir bis zum Hals in der Sch…, aber dafür tragen wir den Kopf hoch erhoben“. Darüber lachte man in der DDR, dass dies eines Tages auf das mit dem Westen vereinte Deutschland zutreffen könnte, war unvorstellbar.

Je weniger unsere Regierenden auf die Reihe kriegen, desto größer ist ihr Verlangen, Vorbild für den Rest der Welt zu sein. Das nimmt schon groteske Züge an. Wenn auf Anweisung der Kanzlerin die Bestellung von Impfstoffen, die ja angeblich den einzigen Ausweg aus der Corona-Krise weisen sollen, verstolpert wurde, ist das flugs umgedeutet worden, dass man keinen „Impfstoffnationalismus“ haben wolle. Zwar wurde das Zeug in Deutschland entwickelt, aber im eigenen Land sollte er auf keinen Fall zuerst eingesetzt werden.

Um zu unterstreichen, dass alles seine Richtigkeit hatte, setzte unsere Kanzlerin einen Interviewtermin an, um ihren Untertanen mitzuteilen, dass im Großen und Ganzen nichts schiefgelaufen sei. Es gab ein paar Witze darüber in den sozialen Medien, aber die Deutschen beweisen noch ihre Schafsgeduld, die sie schon immer ausgezeichnet hat. Schließlich haben sie im berüchtigten Kohlrübenwinter tapfer gehungert, ohne ihren Glauben an den Staat zu verlieren. Es ist ihnen damals nicht gut bekommen, es wird ihnen heute nicht helfen. Sie müssen erkennen, dass sie sich nur selbst helfen können.



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