Die Hexenjagd auf die Meinungsfreiheit

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Massenwahn hat es immer gegeben, das scheint in den menschlichen Genen zu liegen. Schon in den frühesten literarischen Zeugnissen der Menschheit gibt es Beschreibungen von Massenwahn. Im Mittelalter sind die Veitstänze, aus der Neuzeit die Hexenverfolgung exemplarische Beispiele. Waren diese Ausbrüche in früheren Zeiten mehr oder weniger auf bestimmte Gebiete beschränkt, dehnen sich die Wahnsinnsräume immer mehr aus. Die Aufklärung mit ihrer Aufforderung, den Mut zu haben, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, hat nicht viel geholfen. Ende des 19. Jahrhunderts kam der Eugenik-Wahn auf, der breiteste Kreise der westlichen Intellektuellen erfasste. Erst als die Nazis, mithilfe europäischer und amerikanischer Verbündeter, die Eugenik in die Praxis umsetzten, und nach dem Zweiten Weltkrieg die mörderischen Konsequenzen sichtbar wurden, wollte niemand mehr Eugeniker gewesen sein. Biografien, wie die von George Bernhard Shaw, Maurice Thorez, Leland Stanford wurden umgeschrieben.

Fast parallel zur Eugenik entwickelte sich der Kommunismus, der mit Hilfe des Marxismus als Ideologie perfektioniert wurde. Eine wesentliche Hilfe war dabei der deutsche Staatsphilosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel, von dem der Satz stammt:

“Wenn die Tatsachen nicht mit der Theorie übereinstimmen – umso schlimmer für die Tatsachen.“

Die sogenannte Oktoberrevolution, die mit einem Putsch gegen eine frei gewählte demokratische Regierung begann, war ein Projekt von Intellektuellen, die Hegels Diktum in die Tat umsetzten. Aber anders als bei den Eugenikern wurden nach dem Scheitern des kommunistischen Experiments mit seinen 100 Millionen Toten, keine Biografien umgeschrieben, sondern es fand eine breite Redefinition statt. Die Jahrzehnte währende kommunistische Herrschaft sei kein Kommunismus gewesen, sondern eine Fehlentwicklung. Der Hegelsche Satz hat alle Zusammenbrüche und Krisen heil überstanden, in seinem Sinne wird jetzt weiter gemacht. Nicht nur in Diktaturen, auch in Staaten, die demokratisch verfasst sind, ist es mittlerweile gefährlich, sich an den Tatsachen, statt an ideologischen Interpretationen zu orientieren. Die Meinungsfreiheit wurde in Deutschland in den Jahren der Regierung Merkel immer mehr eingeschränkt, indem Tabus kreiert wurden. Erst sollte man nicht mehr vergleichen, jetzt wird zur Hatz geblasen, wenn bloße Tatsachen genannt werden, die der ideologischen Erzählung widersprechen.

Das musste unlängst ein braver CDU-Funktionär erleben, der offenbar die jüngste Verengung des Meinungskorridors nicht mitbekommen hatte. In Baden-Württemberg muss der Demografiebeauftragte, Thaddäus Kunzmann (CDU) jetzt um seinen Job bangen, weil er etwas getan hat, was George Orwell in „1984“ als Gedanken-Verbrechen bezeichnet hat: Er hat auf unbestreitbare Tatsachen hingewiesen und daraus Schlussfolgerungen gezogen. Kunzmann kritisierte auf Facebook die Anti-Rassismus-Demonstrationen, die nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd auch in Deutschland stattfinden mit Verweis auf die kriminelle Vergangenheit von Floyd, der ein Gewaltverbrecher mit beträchtlichem Vorstrafenregister gewesen sei. “Niemand von uns wollte ihm in der Nacht begegnen”, so Kunzmann in dem Kommentar. Es solle aus einem Gewaltverbrecher keine Ikone gemacht werden. Nichts daran ist falsch. Aber Ministerpräsident Kretschmann, der in den Medien gern als durch und durch bürgerlich porträtiert wird, aber seine Vergangenheit in einer kommunistischen Splittergruppe offenbar nie wirklich ablegen konnte, hat seinen Sozialminister beauftragt, Kunzmann „einzubestellen und ihm die Leviten zu lesen“.

Was wir dem Demografiebeauftragten da wohl vorgeworfen worden sein? Er hat ja nichts Falsches gesagt, nicht einmal etwas Uneindeutiges, das man missverstehen könnte. Nein, hier sind es die Tatsachen, die zu benennen ihm vorgehalten werden. Ganz im Sinne Hegels: Wenn sie der linken Erzählung widersprechen, umso schlimmer für die Tatsachen. Damit sind wir in Deutschland 2020 endgültig auf dem Niveau der Hexenverfolgungen angekommen, die übrigens zu den größten Menschenvernichtungsaktionen außerhalb von Kriegen zählen. Bisher droht noch kein Scheiterhaufen, aber Bücherverstümmelung und Filmverbote im Namen des Antirassismus gibt es schon. Das Deutschland keine Ausnahme ist, sondern sich ähnliche Absurditäten weltweit abspielen, ist zusätzlich beunruhigend. Immer, wenn die deutsche Elite an der Spitze eines Zeitgeistes marschiert, wird es ungemütlich im Land. Ich vermisse den entschiedenen Widerstand, der diesen Anfängen wehren würde.



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