Wie ein Rabbiner der evangelischen Kirche den rechten Glauben beibringt

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Von Gastautor Pfr. P. U.

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Pfarrer Manfred Rekowski, gibt seiner geneigten Lesergemeinde zur Jahreswende folgende Anekdote mit auf den Weg:

Drei Geistliche versuchen, eine neuerlich drohende Sintflut abzuwenden. Der Katholische predigt Sack und Asche. Der Protestant fleht um die Gnade Gottes. Der Rabbiner ermutigt dazu, unter Wasser leben zu lernen.

Rekowski rät, sich dem Dritten anzuschließen.


Das bedeutet nichts anderes als eine grundlegende Kehrtwende in den kirchlichen Äußerungen zum „Klima“: Es ist der Rabbi, der daran erinnert, dass der Mensch ein vernunftbegabtes Wesen ist. Es ist für den Menschen mit Lust verbunden, den Herausforderungen, denen er begegnet, seinen Erfindungsreichtum und seine Lernfähigkeit entgegen zu setzen.

Die von Rekowski erzählte Anekdote enthält eine deutliche Absage an alle Buß- und Verbots-Kultur, und natürlich auch an alle vorschnelle Gottergebenheit. Die Botschaft ist klar: Statt in Weltuntergangspanik zu verfallen, soll sich der Mensch seines klaren Verstandes bedienen! Wer einmal ein Gezeitenkraftwerk an der französischen Atlantikküste gesehen hat, oder den niederländischen Abschlussdeich, weiß, was gemeint ist.

Zur Entwicklung dieser wichtigen menschlichen Eigenschaft, zur Erziehung zur Vernunft also, hat das Judentum über Jahrtausende ein umfassendes Bildungssystem kultiviert. Eine Vorform davon hat übrigens auch Jesus genossen, Hinweise darauf finden sich in Lukas 2, 40 – 52. Keinem jüdischen Schüler wäre es je im Traum eingefallen, sich während der Schulzeit auf den nächsten Marktplatz zu stellen und zu behaupten, er müsse heute nicht lernen, er habe vielmehr die Formel zur Weltrettung gefunden.

Nimmt die Evangelische Kirche im Rheinland die Empfehlung ihres Präses für einen rabbinisch-aufgeklärten Gottglauben ernst, sollte sie sich auf ihren eigenen, stets hochgehaltenen Bildungsauftrag besinnen. Sie sollte den jungen Menschen, die ihr anvertraut sind, schleunigst nahelegen, wieder regelmäßig die Schulbank zu drücken. Das wohlfeile Turmgebimmel, mit dem die Kirche kürzlich den Schulschwänzern von Fridays for Future höhere Weihen hat angedeihen lassen, passt hierzu nicht.

Doch hat das Evangelische Rheinland, Gott und der Weisheit der Rabbinen sei es gedankt, diesbezüglich nun offensichtlich mit einer Kehrtwende zu rechnen.

(Der Autor ist evangelischer Pfarrer und veröffentlicht unter Pseudonym.)



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