Absage an Linksschwenk

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Von Hans Heckel auf PAZ

Wien: ÖVP hat mit bürgerlichem Profil einen historischen Triumph errungen

Zwischen den Konzepten von Merkel/AKK und dem von Sebastian Kurz liegen Welten. Jetzt zeigt sich, welches erfolgreicher ist.

Schwarz-Grün in Wien − so die Wunschkonstellation des bundesdeutschen Mainstream nach den Parlamentswahlen in Österreich als Blaupause für eine künftige Koalition in Berlin. Die Freiheitlichen (FPÖ) sind im Strudel von Affären tief gestürzt, die Grünen konnten ihr Ergebnis dagegen mehr als verdreifachen. Dies gilt bei den Berliner Kommentatoren als Signal, dass nun auch die über alle Maßen siegreiche christdemokratische Volkspartei (ÖVP) Merkels Weg des Linksschwenks und der schwarz-grünen Annäherung gehen sollte, ja: eigentlich müsse.

Der Sieger des Tages, ÖVP-Chef Sebastian Kurz, ist da bedeutend zurückhaltender. Er hat das Ausmaß seines Triumphs auch den FPÖ-Skandalen zu verdanken, die mit der Zeit verwunden werden. Und er weiß, dass es bürgerliche Wähler rechts der Mitte waren, die ihm den Sieg geschenkt haben.

Der erst 33-jährige Polit-Star hat die österreichische Schwesterpartei der CDU/CSU mit einem Profil zum besten Ergebnis ihrer Geschichte geführt, das sich von dem der Merkel-Union kaum schärfer unterscheiden könnte.
Innere Sicherheit und Steuerentlastung, strenge Kontrolle und Begrenzung von Einwanderung und Asyl, eine liberale Wirtschaftspolitik − wer dies der Politik von CO2-Steuer und offenen Grenzen gegenüberstellt, spürt den Graben zwischen beiden Konzepten.

Seit diesem Sonntag ist nicht mehr zu übersehen, welches Konzept das erfolgversprechende ist und welches in den langsamen Niedergang führt. Auch hat die ÖVP nach anfänglichem Zögern die Scheu vor der Bildung eines bürgerlichen Blocks mit der FPÖ abgelegt, welche als Pendant der deutschen AfD gesehen wird. Das hat der ÖVP offensichtlich nicht geschadet.

Die Zeichen von Wien bergen daher für Kanzlerin Angela Merkel wie für ihre bislang blass gebliebene Nachfolgerin im CDU-Vorsitz, Annegret Kramp-Karrenbauer, die den Merkel-Kurs in der Partei bislang fortsetzt, einige Probleme. Der konservative Flügel um die „Werte-Union“ dagegen sieht sich deutlich bestärkt durch den Erfolg von Sebastian Kurz, in dem sie einen Bruder im Geiste erblickt.

Hinzu kommt die personelle Komponente: Während Kurz die ganze Frische und Geradlinigkeit eines fulminanten Neuanfangs verkörpert, tritt „AKK“ von Beginn an auf wie eine ausgelaugte Kopie von Merkel. Damit wird der Neustart nicht gelingen.

Für die AfD bergen die Resultate aus Wien den Rat, an ihrem bürgerlich-seriösen Auftritt zu arbeiten und das Frühstadium des „gärigen Haufens“ (Alexander Gauland) hinter sich zu lassen. Selbst die sehr viel gefestigtere Schwester FPÖ hat erleben müssen, wie sehr das Bild mangelnder Seriosität in fatale Wahlschlappen umschlagen kann.



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