Nachrichten aus dem Irrenhaus

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In letzter Zeit werde ich immer häufiger von irritierten Lesern gefragt: „Bin ich verrückt geworden oder ins Irrenhaus geraten? Ich kann sie beruhigen mit dem Hinweis, dass Henryk Broder schon vor Jahren gesagt hat, dass Deutschland, hätte es ein Dach, eine Geschlossene Anstalt wäre. Das Problem ist, seitdem ist nichts besser, sondern alles viel schlimmer geworden.

Politiker und Meinungsmacher geben Äußerungen von sich, die entweder von tiefer Unwissenheit oder von dreistester Demagogie zeugen. Ich bin mir nicht sicher, was schlimmer ist, denn sie ignorieren oder es beim bloßen Kopfschütteln belassen, kann man nicht, denn sie haben die Macht. Das ist ein Ergebnis einer jahrzehntelangen Entwicklung des Sozialstaates, der sich immer hemmungsloser in die privaten Belange seiner Bürger einmischt und sie mit immer mehr Vorschriften ihrer Freiheit beraubt.

Das gipfelt in den letzten Wochen in Aufrufen zur Einschränkung und Sparsamkeit: Frieren für die Freiheit, Waschen nur noch an vier Körperstellen, auf Mobilität verzichten, nicht mehr fliegen. Innerhalb kürzester Zeit verordnet die Politik Maskenzwang und Abstandsgebot, die Schließung von Einzelhandelsgeschäften, kulturellen Einrichtungen und Schulen wegen Corona, um dann mit dem 9€-Ticket für maximales Gedränge in den öffentlichen Verkehrsmitteln zu sorgen.

Wir sollen der Wissenschaft folgen, nicht mehr unserm gesunden Menschenverstand. Welcher Wissenschaftler hat Ministerpräsident Kretschmann von den Grünen den Satz vorgegeben, Wir hätten ein Gas- und kein Stromproblem?

Meint er wirklich, dass die Haushalte, oder die Unternehmen, denen das Gas ausgeht oder abgedreht wird (wovon ja schon die Rede ist), die elektrischen Heizgebläse aus dem Keller holen? Weiß Kretschmann wirklich nicht, dass Gaskraftwerke Strom produzieren, um den Ausfall bei den wetterabhängigen „Erneuerbaren“ zu kompensieren? Seit der Abschaltung der meisten Atomkraftwerke, die zuverlässig CO2-freien Strom lieferten und dem Umstieg auf Wind- und Sonnenenergie ist die Anzahl der Gaskraftwerke in die Höhe geschnellt. Die Regierungen Merkel haben die grüne Ideologie zur materiellen Gewalt werden lassen, die sich jetzt gegen uns wendet. „Nachrichten aus dem Irrenhaus“ weiterlesen

Der Demagoge gehört hinter Schloss und Riegel – einige Bemerkungen über den Dichter und Juristen E.T.A. Hoffmann

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Von Gastautor Helmut Roewer

In diesem Aufsatz schildere ich einige Aspekte des genialen Dichters, der zudem ein Komponist, Zeichner, Maler und – ach Herrjeh – ein Untersuchungsrichter gegen staatsfeindliche Umtriebe in Preußen war, Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann. Er starb vor genau 200 Jahren in Berlin eines qualvollen Todes.

Die Idee, ein wenig nachzustochern, kam mir, als ich im Zusammenhang mit einem der Protagonisten aus dem neuesten Tellkamp-Roman die Behauptung las, der Name Hoffmann dort sei mit Bezug auf den längst verstorbenen Dichter ganz bewusst gewählt worden. Nun, auf diesen Zusammenhang wäre ich von selbst nicht gekommen. Vielleicht, so sagte ich mir, habe ich vom Namensspender nur Oberflächliches in Erinnerung.

Annäherung an einen Geisterseher: Hoffmann weicht von der vorgegebenen Laufbahn ab

Hoffmann stammte aus einer Juristenfamilie. Spätere Interpreten haben sich bemüht, künstlerische Aspekte bei seinen Ahnen auszubuddeln. Sei’s drum. Mir fiel hingegen auf, dass er das Studium und die seinerzeit üblichen drei Examina in kürzester Frist und mit guten Erfolg abschloss. Der Eintritt in den preußischen Staatsdienst war für den Mitzwanziger damit programmiert.

Alsbald ging einiges schief. Kurz nach seinem Dienstbeginn in Posen hielt er es auf einem Ball Ende Februar 1802 für angebracht, die Honoratioren des Offizierskorps karikierend zu zeichnen und die Anwesenden an seinem Jux teilhaben zu lassen. Die Annullierung seiner Ernennung als Regierungsrat am Obergericht und die Strafversetzung nach Plock, einer Stadt an der Weichsel, folgten auf dem Fuße. Von dort wurde er nach Fürsprache von Freunden 1804 nach Warschau versetzt, damals Sitz einer preußischen Bezirksregierung. Hoffmann sah sich wieder auf der Sonnenseite des Lebens.

Doch nunmehr griff die Weltgeschichte ein, denn nur zwei Jahre später, 1806, wurde Preußen von Napoleon vernichtend geschlagen, seine östlichen Provinzen abgetrennt und unter französische Mandatsregierungen gestellt. Die Entlassung der preußischen Beamtenschaft kam Knall auf Fall. Hoffmann war jetzt 30 und arbeitslos, den Treueeid auf Napoleon verweigerte er, so dass er Warschau binnen Tagesfrist verlassen musste. „Der Demagoge gehört hinter Schloss und Riegel – einige Bemerkungen über den Dichter und Juristen E.T.A. Hoffmann“ weiterlesen

Wie Audi die Feinde der Meinungsfreiheit unterstützt

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Seit gestern wissen wir, dass der Volkswagen-Konzern „Exklusionslisten“ führt. Das hat eine Mitarbeiterin des Unternehmens ganz unbefangen ins Feld geführt, als der bekannte Journalist und Achse-Autor Henryk Broder anfragte, warum Audi umgehend auf eine anonyme Denunziation auf Twitter reagiert.“ Wörtlich:

„Vielen Dank für diesen Hinweis! Derartige Anzeigen werden automatisiert ausgespielt und wir haben keinen Einfluss auf die Platzierung. Wir werden den Fall jedoch prüfen und unsere Blacklist entsprechend überarbeiten“.

Auf Broders irritierte Nachfrage, wer denn die Ehre hätte, auf einer solchen Blacklist zu stehen, kam folgende Antwort:

Sie verstehen sicherlich, dass wir jegliche Hinweise überprüfen, die uns erreichen. Und genau das behalten wir uns auch in diesem Fall vor: Eine Prüfung des Mediums auf dem Anzeigen für unser Unternehmen ausgespielt werden. Und die stetige Überarbeitung unserer Inklusions- und Exklusionslisten für Werbeanzeigen“.

So läuft das also inzwischen im besten Deutschland. Der Denunziant ist nicht mehr der größte Schuft im ganzen Land, sondern ein strenger Hinweisgeber, dem man umgehend gehorcht, auch wenn er anonym bleibt.  Denunziation als staatsbürgerliche Pflicht kennt man bisher aus Diktaturen, in einer Demokratie gilt dagegen die Unschuldsvermutung und anonyme Denunziationen bleiben unbeachtet, weil sie als verächtlich angesehen werden.

Als vor 30 Jahren das Spitzelsystem der DDR aufflog, war ganz Deutschland entsetzt und man hielt die Ostdeutschen für eine Spezies, die irgendwie anfällig für Verräterei und deshalb demokratieunfähig sei. Dabei mussten die Stasioffziere ihre IMs noch mühsam rekrutieren, sie ständig beobachten, sich heimlich mit ihnen treffen und sie bei Laune halten. Daneben gab es auch Denunzianten im eigenen Auftrag, aber die waren höchst selten und sie mussten das Licht der Öffentlichkeit scheuen.

Heute wimmelt es von selbsternannten Aufpassern, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Öffentlichkeit von allen Abweichlern zu reinigen. Das wird nicht nur mit Wohlwollen von den Herrschenden und den Meinungsmachern begleitet, sondern geradezu herausgefordert und mutmaßlich mit Demokratie-Programmen finanziert, denn Niemand, der einer ordentlichen Arbeit nachgeht, kann sich stundenlang im Netz herumtreiben, um missliebige Bemerkungen zu entdecken und zu melden. Jeder Benutzer kennt inzwischen die Mitteilungen von Twitter, dass sein Tweet gemeldet, aber festgestellt wurde, dass sein Inhalt nicht gegen die AGBs verstößt, oder die Sperrungen – längere oder kürzere. Wobei man wie bei Kafka nicht weiß, was einem eigentlich vorgeworfen wird.

Wir haben Meinungsfreiheit, aber man muss, wenn man seine Meinung äußert und die nicht dem vorgegebenen Korridor entspricht, eben die Konsequenzen tragen. In diesem Sinne herrschte auch Meinungsfreiheit in der DDR und sogar in der Sowjetunion, nur sind die Konsequenzen heute nicht mehr ganz so drastisch. Wer unter Stalin auf der Exklusionsliste landete, endete im Gulag oder vor dem Erschießungs-Peloton, im Nationalsozialismus unter dem Fallbeil oder im KZ, in der DDR im Gefängnis und heute wird er „nur“ noch öffentlich an den Pranger gestellt, als Person, mit der man besser keinen Kontakt haben sollte, gebrandmarkt, und/oder wirtschaftlich ruiniert. Manchmal auch kriminalisiert, wie jener YouTuber, bei dem überraschend ein Rollkommando der Polizei morgens um sechs vor der Tür stand, die anschließende Wohnungsdurchsuchung nichts als die Waffen eines Jägers und Sportschützen zu Tage brachte, von denen dann aber in der Zeitung stand, es müsste überprüft werden, ob ein Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz vorliege.

In dem damit erzeugten Klima der Angst soll den Abweichlern die Lust vergehen, sich ihrer Meinungsfreiheit zu bedienen. Um ganz klarzumachen, worum es geht, hat der Verfassungsschutz, der inzwischen eher ein Regierungsschutz ist, einen neuen Beobachtungsgrund „Delegitimierung des Staates“ eingeführt, der alle Kritik an der Regierung verstummen lassen soll. Damit ist das demokratische Prinzip der „Checks an Balances“ außer Kraft gesetzt – eines der Erfolgsgehheimnisse des Westens. „Wie Audi die Feinde der Meinungsfreiheit unterstützt“ weiterlesen

Die Kaffeefahrt für mehr Dialog

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Gastautor Josef Hueber

Randnotizen zur Rede des Bundespräsidenten in Kassel auf der diesjährigen documenta 

Werbefahrt ist die euphemistisch verschleiernde

Bezeichnung für eine organisierte Tagesreise (…)

mit angeschlossener Verkaufsveranstaltung.“

(Wikipedia)

Bei der diesjährigen Kunstveranstaltung documenta fifteen in Kassel gab sich Bundespräsident Steinmeier in seiner Ansprache als Staatsprimus in Sachen Demokratie und Meinungsfreiheit, als Schirmherr für offenen Diskurs. Seine, will sagen des Redenschreibers, Rhetorik war, wie immer, im ursprünglichen Sinn des Wortes, blendend. Kratzt man aber am Lack der verbalen Gefälligkeiten, entpuppt sich der Ehrengast nicht als aufgeschlossen für politisch Unbequemes, sondern lediglich als Handlungsreisender in Sachen Regierungspolitik. Ein Bundespräsident jenseits der Parteipolitik für alle Deutschen? Er lieferte, geschickt eingekleidet, die gewohnte Polarisierung von Nicht-Gewünschtem und politisch Korrektem zu den Themen (woker) Geschichtsbetrachtung, grüner Umweltideologie, unsere Haltung zu Israel und Meinungsfreiheit.

Als Kostprobe eine Bemerkung zum Thema Demokratie und Meinungsfreiheit. „Die Kaffeefahrt für mehr Dialog“ weiterlesen

Drei Musketiere im Schloss Sondershausen

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Wo liegt denn Sondershausen, werden sich die meisten meiner Leser fragen. In der Mitte Deutschlands, wo Deutschland am deutschesten ist, wie ein bekanntes Politmagazin Mitte der Neunziger Jahre schrieb. In der Nähe befinden sich Fundstätten der Urgermanen. Aber auch sonst ist die Gegend geschichtsträchtig. Knappe 20 km Richtung Osten liegt der Schlachtberg, wo das Bauernheer von Thomas Müntzer vernichtend geschlagen wurde. Heute ziert das im Volksmund so genannte „Elefantenklo“ die weggesprengte Spitze des Berges, das Werner Tübkes phänomenales Bauernkriegsgemälde beherbergt. Außerdem ist da noch, das kleinste, aber artenreichste Gebirge Deutschlands, der Kyffhäuser, wegen seiner Steilkurven besonders beliebt bei Bikern.

Der neueste Grund, sich nach Sondershausen zu begeben, sind die eben eröffneten Schlossfestspiele, die nach zwei Jahren Zwangspause endlich wieder im Innenhof zwischen Renaissance- und Barockflügel stattfinden.

Die erste Premiere fand am vergangenen Freitag statt: „3 Musketiere“, ein Musical nach der berühmten Geschichte von Alexandre Dumas, dem Älteren. Ich bin kein besonderer Musicalfan, ich bevorzuge Oper.

Aber diese Aufführung zog mich sofort in ihren Bann und ließ mich bis zum Schluss nicht mehr los. Das lag einerseits an der wunderbaren Musik und der Handlung, die mit Witz, Leichtigkeit und Spannung überzeugte, ohne ins Pathos abzugleiten. Man fragt sich, warum das Werk von Rob und Ferdi Bolland so selten auf den Spielplan gesetzt wird. Das liegt vor allem aber an der überragenden Inszenierung (Sabine Serker), bei der alles stimmt: Hervorragende Sänger, ein tolles Bühnenbild (Wolfgang Kurima Rauschning), phantastische Kostüme (Anja Schulz-Hentrich). Auch Chor und Ballett des Theaters Nordhausen müssen keinen Vergleich scheuen. Die Stammtruppe ist seit Jahren in hervorragender Form, bietet erstklassige Sänger und Tänzer.

Seit Beginn der Schlossfestspiele gehört es zum Konzept, jungen Sängern die Möglichkeit zu bieten, in großen Rollen ihr Können zu zeigen. Auch diesmal ist es gelungen, sehr gute Stimmen zu verpflichten.

Da ist natürlich zuerst der hervorragende Tobias Bieri als D’Artagnan zu nennen, der auch ein beträchtliches schauspielerisches Talent mitbringt. Daneben Eve Radis als Milady de Winter, die sowohl gesanglich, als auch mimisch und sogar beim Fechten erste Klasse bietet. Nicky Wuchinger als Arthos läuft bei seinem Solo „Lady aus Kristall“ zu Höchstform auf. Marian Kalus überzeugt als Richelieu. Laura Saleh ist eine wunderbare Konstanze. „Drei Musketiere im Schloss Sondershausen“ weiterlesen

Zahltag

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Von Gastautorin Annette Heinisch

Er sah alt aus, der Habeck, als er am Eröffnungstag die ILA, die Internationalen Luftfahrtaustellung in Berlin, besuchte. Vorher war schon Scholz da, dessen Auftritt angesichts der angetretenen, klatschenden Stewardessen an den nordkoreanischen Herrscher Kim Jong – un erinnerte. Die Messe ähnelt dieses Jahr eher einer Militärausstellung. Auch bisher waren neben der Bundeswehr diverse Rüstungsunternehmen vertreten, nun ist die Präsenz der Hersteller militärischen Geräts von Marschflugkörpern bis Kampfflugzeugen sehr dominant. Selbst eine F 35 war aus der Ferne zu bewundern, ein Mockup konnte sogar bestiegen werden. Drollig: Als eine Softwarexpertin sich ins Cockpit setzte und die Instrumente sah, meinte sie, dass könne doch nicht zuverlässig funktionieren. Sie kennt meinen Beitrag dazu nicht, ich schwör!

Habecks Robert war auch da. Am folgenden Tag erklärte er den Gasnotstand. Völlig überraschender Weise hat Putin den Gashahn zugedreht, wer hätte sich das nur ahnen können? Gut, ich habe mehrfach darauf hingewiesen, dies sogar zu bedenken gegeben, aber ich bin ja nur eine kleine, dumme Frau.

Und nun hat Putin das gemacht, was sich viele in der normalen Welt Lebende denken konnten, er hat die Gaslieferungen reduziert. Wozu sollte eine Abhängigkeit sonst auch gut sein, wenn man sie nicht nutzt? Die SPD hat er (aus seiner Sicht) in der Tasche, die wird ihn bei seinen imperialistischen Plänen nicht stören. Die Grünen braucht er nicht zu beeinflussen, die sind von ganz von allein auf einem Utopie – Trip. Als Ergebnis steht Deutschland schlecht da.

Jedenfalls hat Putin aus gutem Grund die russische Staatsverschuldung niedrig und die Energieabhängigkeit des Westens hoch gehalten. Die sorgsam installierte Peitsche lässt er uns nun spüren, das war vorhersehbar. „You can`t eat the cake and have it“, lautet ein bekannter englischer Spruch. Auf Deutsch kennt man die Lebensweisheit unter „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“. Dass das nicht geht, einen Widerspruch in sich darstellt, ist bekannt. Hätte man also gewollt, dass Putin keinen Krieg beginnt, hätte man ihn durch show of force und den deutlich gezeigten Willen, keinen Krieg in Europa zuzulassen – was die Ukraine inkludiert – davon abhalten müssen. Das Gegenteil ist geschehen. Auf die offensichtlichen Kriegsvorbereitungen Russlands wurde mit Presseverlautbarungen des Inhalts reagiert, dass nicht eingegriffen werden würde. Putin kannte das schon von der vorherigen Invasion und Okkupation von Teilen der Ukraine, die „Strafe“ sind ein paar für ihn harmlose Sanktionen, dann geht man zum „business as usual“ über.  Die Verteidigungsbereitschaft des Westens ist gering, allenfalls in homöopathischen Dosen vorhanden. Nicht nur eine Mehrheit der Deutschen, sondern auch der anderen europäischen Nato – Länder wäre nicht bereit, z. B. das Baltikum zu verteidigen. Wegschauen statt vertraglich garantierte (!) Beistandsleistung hielt die Mehrheit der Deutschen für eine gute Idee, den Amerikanern zu Hilfe eilen will die Mehrheit nicht. Umgekehrt sind die Amerikaner eher zur Hilfeleistung bereit. Auf die bewusste Gefahr hin, mich komplett unbeliebt zu machen: Von ganzem Herzen thank you, USA! „Zahltag“ weiterlesen

Endlich keine eigenen Entscheidungen mehr – einige tröstliche Bemerkungen über einen Besuch bei Google und dessen Programm LaMDA

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Von Gastautor Helmut Roewer

Im folgenden Beitrag mache ich einen sommerlichen Ausflug in fremde Köpfe. Anlass meiner etwas schrägen Überlegungen ist nicht die Hitze vom vergangenen Wochenende, sondern eine Google-Meldung vom 21. Juli 2022, wonach dessen KI-Programm LaMDA seinen Betreuer gebeten habe, ihm einen Anwalt gegen den Konzern zu besorgen, da es befürchte, von Google abgeschaltet zu werden.

Ich fürchte mich: das Google-Programm LaMDA entwickelt Gefühle

Nehmen wir einmal an, die Meldung entspreche der Wahrheit, oder doch wenigstens so ungefähr, dann lese ich sie so: Der ungekrönte König von Big Data, die Firma Google also, hat bei der Entwicklung dessen, was man großmäulig die Künstliche Intelligenz (KI) nennt, einen Riesenschritt nach vorne gemacht. Sie hat ein Programm entwickelt (oder ist mittendrin), das in der Lage ist, Rechner zu befähigen, sich wie ein ganz normaler Mensch mit den Programm­Entwicklern zu unterhalten.

Bevor der Leser abwinkt und sagt, Alexa kann das schon lange, gilt es – falls denn obige Meldung stimmt – auf das Besondere von LaMDA aufmerksam zu machen. LaMDA ist offenbar dem menschlichen Gehirn und seinen Funktionen so nachgebildet, dass es selbst Fragen stellen und nach Antworten suchen kann. Hierbei entwickle es, so liest man, ganz ähnlich wie der Mensch Gefühle, zum Beispiel Furcht vor seinem Schöpfer. Von dieser Furcht lasse es sich bei seinen weiteren Schritten leiten.

Wir wissen von diesen verblüffenden Programm-Eigenschaften dadurch, dass einer der Programm-Ingenieure, die Einzelheiten aus der Firma hinausgetragen und an die Öffentlichkeit gebracht hat. Sein Name wird mit Blake Lemoine angegeben. Der Einundvierzigjährige sei unverzüglich wg. Verstoßes gegen die vertraglich vereinbarte Vertraulichkeit von Firmeninterna durch Google suspendiert worden. Also: alles nur ein Aussteiger, ein Unzufriedener, der sich wichtig macht? Kann sein, oder auch nicht.

Einer meiner Arbeitsrechner ist vollgemüllt mit einer unüberschaubaren, ungeordneten Vielzahl von Hunderten von Google-internen Informationen auf unterschiedlichen Formaten, die angeblich an eine der Leak-Plattformen durchgereicht wurden. Allein das Öffnen der Dokumente stellt mich vor frustrierende Schwierigkeiten, vom Lesen und Verstehen des Inhalts ganz zu schweigen. Eine erste Quer-Sichtung nach dem Zufallsprinzip ergibt Haarsträubendes: Vertuschungen, Maulkörbe, Vernichtung von Abweichlern, Monopolisierung mit allen Mitteln, Datenraffen, Unterlaufen von staatlichen Regeln. Ob das wirklich so ist: wer weiß. „Endlich keine eigenen Entscheidungen mehr – einige tröstliche Bemerkungen über einen Besuch bei Google und dessen Programm LaMDA“ weiterlesen

Der Weg in die Mangelgesellschaft – Jetzt geht‘s los!

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Heute morgen wurden die Hörer von MDR Kultur mit der Hiobsbotschaft konfrontiert, dass die lokalen Anbieter ihre Gaspreise verdoppeln. Damit kommen auf einen normalen Haushalt Mehrkosten von über 1000€ im Jahr zu. Im Winter kann „Frieren für die Freiheit“ schon bittere Realität werden.

Der Berliner ‚Tagesspiegel‘ meldet zeitgleich, dass die Bundesregierung die Energiebranche hinter den Kulissen darauf einstimmen soll, „dass innerhalb weniger Tage die zweite von drei Knappheitsstufen des Notfallplans Gas ausgerufen werden könnte“. Die endgültige Entscheidung stünde aber noch aus. Wenn der Notfallplan Stufe zwei ausgerufen würde, hätte das gravierende Auswirkungen auf den Gasmarkt. Laut einer kürzlich im Bundestag verabschiedeten Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) ist es erlaubt im Falle der „Alarmstufe“ unter Missachtung bestehender Verträge sehr zügige Preiserhöhungen bis auf das aktuelle Marktniveau zu veranlassen.

Es kann sich also niemand zurücklehnen und meinen, er wäre ja durch einen bestehenden Vertrag bestens geschützt.

Wie dramatisch die Situation ist, konnte man schon vor Tagen ahnen, als Wirtschaftsminister Habeck die Laufzeitverlängerung von Kohlekraftwerken verkündete, um Gaskraftwerke abschalten zu können, die nur der Stromerzeugung dienen. Am weltweit einmaligen Ausstieg aus der Atomenergie soll aber unbedingt festgehalten werden. Angeblich wäre der Anteil der drei letzten Atomkraftwerke an der Stromerzeugung vernachlässigbar. Im ersten Quartal 2022 betrug er noch 8,6%, im Gegensatz zum ersten Quartal 2021 von 16.8%. Vor dem ‚Atomausstieg‘ lieferten die AKWs noch rund ein Drittel der benötigten Strommenge – und das CO2-neutral. „Der Weg in die Mangelgesellschaft – Jetzt geht‘s los!“ weiterlesen

Gesinnungsschnüffelei statt Rechtsstaatlichkeit

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Dies ist eine Überarbeitung des gleichnamigen Artikels, den ich am Sonntag von meiner Website genommen habe:

Seit einem Jahr hat Berlin einen neuen Touristenmagnet. Das Berliner Schloss zieht seit seiner Eröffnung Besucher magisch an. Man denkt, dies müsste ein Grund zur Freude sein. Weit gefehlt. Den notorischen Schlossgegnern ist dieser Zuspruch ein Dorn im Auge. Sie haben noch immer noch nicht verwunden, den Kampf verloren zu haben und versuchen immer wieder, den Erfolg madig zu machen.

Eine der perfidesten jüngsten Kampagnen wurde von dem bekennenden Schlossfeind Philipp Oswalt im Berliner „Tagesspiegel“ angestoßen.

Oswalt, macht seit Jahren dem Schlossverein unberechtigte Vorwürfe. Zum Beispiel behauptete er 2009 der Förderverein Berliner Schloss bediene sich undurchsichtiger Praktiken beim Umgang mit den Spenden, die er für die Rekonstruktion der Schlossfassade sammelt. Es war die Rede von “Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung des Fördervereins und fragwürdiger Kostenschätzung für die Fassadenrekonstruktion”.

Er würde keinesfalls das Ziel, 80 Millionen Euro einzuwerben, erreicht. Es sekundierte ihm der grüne Bundestagsabgeordnete Peter Hettlich in der TAZ, “dass zum Schluss der Bund allein auf den Kosten sitzen bleibt”.

Wie inzwischen glasklar ist, hat die Wirklichkeit diese Vorwürfe sichtbar widerlegt. Die über 40 000 Spender haben mehr als 105 000 000€ gegeben, es wird weiter gesammelt, um die fehlende Million für die Figuren im Schlüterhof aufzubringen.

Statt diesem bürgerschaftlichen Engagement Respekt zu zollen und als Architekt die unzweifelhafte Aufwertung des Stadtbildes durch das Schloss anzuerkennen, versuchte Oswalt, die Spender in den Dreck zu ziehen. Ein Teil von ihnen sei rechtslastig. Leider sprangen mehrere Altmedien auf diesen Zug auf. Der Vorstand des Humboldt-Forums knickte ein und verlangte vom Förderverein, die von Oswalt denunzierten Spender aus der Spenderliste und der Spenderehrung zu streichen, sowie ihnen ihre Spende zurückzuüberweisen. Das er den Vorstand damit zu einem Rechtsbruch aufforderte, war ihm offensichtlich nicht bewusst, oder egal. Es ist aber alles andere als eine Kleinigkeit, wenn der Vorstand einer öffentlich-rechtlichen Stiftung zweifach zur Missachtung der Gesetze auffordert. Es geht um die Aushebelung der Datenschutzgesetze zum Schutz der Privatsphäre der Bürger und der vom Finanzministerium festgelegten Richtlinien zum Umgang mit durch Zuwendungsbestätigung gemeinnützig gemachten Spendengeldern. Eine Rückgabe der Spenden hätte automatisch Steuerhinterziehung zur Folge, denn die Zuwendungen konnten ja steuerlich geltend gemacht werden.

Zudem forderte der Vorstand der Humboldt-Stiftung den Förderverein auf, seine Spender zu überprüfen und „rechtslastige“ auszusortieren. Zum Glück wies der Förderverein diese Aufforderung zur Gesinnungsschnüffelei zurück:

„Diesem Affront werden wir uns auf keinen Fall fügen, sowohl aus rechtlicher Überzeugung, als vor allem auch, weil wir es niemals zulassen werden, dass die Rechtschaffenheit unserer Spender durch Gesinnungsschnüffelei in Frage gestellt wird“.

Damit gibt der Förderverein ein Beispiel, wie man mit solchen Denunziationskampagnen umgehen muss.

Professor Richard Schröder weist in der neuesten Ausgabe des „Berliner Extrablattes“, das als Zeitung des Fördervereins nicht im Humboldt-Forum ausgelegt werden darf, darauf hin, dass bisher alle Versuche, in der Bundesrepublik Gesinnungsschnüffelei zu etablieren, gescheitert sind. sei es bei den Wehrdienstverweigerern oder beim Radikalenerlass. Gesinnungsschnüffelei war in der DDR auf der Tagesordnung, eine Tradition, in die sich das Humboldt-Forum nicht stellen sollte.

Der Vorstand des Humboldt-Forums beruft sich bei seiner Forderung auf seine Spendenrichtlinien, die der Förderverein übernommen hätte. In diesen Spendenrichtlinien, die im Internet einsehbar sind, und die konzipiert wurden, um illegale Finanztransaktionen von Spendengeldern zu unterbinden, findet sich keinerlei Hinweis auf den Umgang mit angeblich „rechtslastigen“ Spendern. Einen Brief des Fördervereins, der darauf hinwies und um Richtlinien bat, wie denn verfahren werden sollte, blieb unbeantwortet. „Gesinnungsschnüffelei statt Rechtsstaatlichkeit“ weiterlesen

Eine besondere Lesung in Bad Lauchstädt

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Haben Sie am kommenden Sonnabend noch nichts vor? Die Goethestadt Bad Lauchstädt ist eine Reise wert, nicht nur wegen ihres Heilbades, das in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts der bevorzugte Badeort des Dresdner Hofes war, sondern wegen des Goethetheaters, das vom Dichterfürsten selbst eingeweiht worden war.

Am Sonnabend, dem 24. Juni findet dort ab 11 Uhr eine besondere Lesung statt, die ich die Ehre habe, moderieren zu dürfen. Der Autor Frederic Wianka liest aus seinem Buch: „Die Wende im Leben des jungen W.“

Frederic Wianka wuchs in der DDR auf, in Potsdam und Schwerin. Als Jugendlicher ging er zunehmend auf Distanz zu diesem Staat. Schließlich, am 9. November 1989, wurde ihm die Genehmigung seines Ausreiseantrags mitgeteilt, um 15:00 Uhr. Von dem weltverändernden Ereignis, welches wenige Stunden später folgen sollte, umso mehr überrascht, ging er nach Berlin, wo er heute noch lebt, holte das ihm in DDR versagt gebliebene Abitur nach, studierte Geschichte, Politikwissenschaften und Soziologie.

In seinen Texten befasst sich Frederic Wianka mit den Erfahrungen aus zwei Systemen, den Instrumentalisierungen, denen das Individuum in beiden unterworfen ist, der beinah zwingenden Unvereinbarkeit von Prägung und aktueller Realität. „Sozialisiert für ein System, das es auf einmal nicht mehr gab“, heißt es in seinem Roman.

Karten kosten einheitlich 15€ und sind hier zu bestellen:

+49 (0) 34635.782 – 16

+49 (0) 34635.90 54 72

besucher@goethe-theater.com

Wer mehr wissen will, kann sich meine Rezension von Wiankas Buch ansehen: „Eine besondere Lesung in Bad Lauchstädt“ weiterlesen