Energiewende 2023: Die Logik des Misslingens

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Von Gastautor Hans Hofmann-Reinecke

In Deutschland war zuverlässige, unauffällige und preiswerte Stromversorgung einst Selbstverständlichkeit. Heute ist sie weder zuverlässig, noch unauffällig noch preiswert. Dass sie überhaupt noch funktioniert, das ist flexiblen und cleveren Nachbarn zu verdanken – und den deutschen Verbrauchern, die sich mit allem abfinden.

Versailles und seine Folgen

Soziologen schreiben es dem „Gesetz der unbeabsichtigten Folgen“ zu, wenn eine große Anstrengung genau das Gegenteil des gewünschten Ergebnisses bringt. Historisches Beispiel sind die drakonischen Verträge von Versailles. Durch sie wollten die Siegermächte des ersten Weltkriegs verhindern, dass Deutschland jemals wieder zu militärischer Bedeutung käme. Das war die Absicht, das Gegenteil war die Folge. Nur zwei Jahrzehnte später begann Deutschland den brutalsten Krieg aller Zeiten. Um sich aus den „Fesseln von Versailles“ zu befreien, hatte man all seine Energie in den Aufbau der Streitkräfte investiert. Die Maßnahme „Versailles“ hatte das genaue Gegenteil dessen hervorgebracht, was beabsichtigt war.

Gegenwärtig befindet sich die Welt abermals in einem Krieg, dessen Ziel jedoch nicht die Zerstörung von Lebensraum ist, sondern dessen Erhaltung. So wird jedenfalls behauptet. Der Feind ist das CO2, und alle Staaten der Erde haben sich gegen ihn verbündet. Formalisiert wurde diese Allianz durch das Pariser Abkommen von 2016. Der Einsatz, mit dem sich die einzelnen Nationen an dem Kampf beteiligen ist nun sehr unterschiedlich, doch eines ist klar: Deutschland sieht sich als Bannerträger an der Spitze einer globalen grünen Armee.

Das Atom und die Kohle

Die Regierung hat unter dem Titel „Energiewende“ einen Feldzug begonnen, der dem Feind CO2 bislang jedoch keine Verluste beibringen konnte. Insbesondere auf dem wichtigsten Schlachtfeld, der Versorgung mit elektrischer Energie, lief bisher alles schief.

Und das kam so:

Der durchschnittliche monatliche Bedarf Deutschlands liegt bei 36 000 Gigawattstunden. (Eine GWh ist das Millionenfache einer Kilowattstunde, die uns Verbrauchern eher  geläufig ist, und für die wir 30 Cent bezahlen müssen.) Der Löwenanteil dieses Bedarfs wurde und wird aus deutschen Kohlekraftwerken geliefert. Bis 2015 leisteten auch Kernkraftwerke einen Beitrag von monatlich rund 8000 GWh, also knapp ein Viertel des Gesamtbedarfs. Diese wurden, etwa zeitgleich mit dem Pariser Abkommen, schrittweise stillgelegt. Seit April 2023 hat Deutschland keine Kernkraft mehr. „Energiewende 2023: Die Logik des Misslingens“ weiterlesen

Versuch über das Scheitern – Betrachtungen eines unangenehmen Phänomens

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Das Bändchen von Michael Böhm, verlegt in der Edition Sonderwege bei Manuscriptum, macht neugierig. Warum wendet sich der Autor einem Thema zu, das wenig debattiert wird, weil es vor allem unangenehme Gefühle weckt?

Böhm erklärt das mit einem Kindheitserlebnis. In den späten 70er Jahren begegnete er mit seiner Mutter an einer bestimmten Straßenbahnhaltestelle einem trunksüchtigen, heruntergekommen Mann. Der Akademiker hatte aus politischen Gründen seine Stelle verloren und das nicht verkraftet. Es gab, besonders 1976, nach dem Rausschmiss des Liedermachers Wolf Biermann aus der DDR, der eine erhebliche Protestwelle erzeugt hatte, hunderte solcher Fälle. Ich selbst kenne ein halbes Dutzend. In der Regel mussten sich die Akademiker in der Produktion bewähren und, wenn sie Glück hatten, fanden sie später einen Job, der mehr ihren Neigungen entsprach. Ist der Mann an der Haltestelle „gescheitert“, wie Böhms Mutter ihrem Sohn sagte?

Nein, er ist nicht gescheitert, er ist offensichtlich an der gegen ihn verübten Repression zerbrochen.

Was ist Scheitern? Böhm nähert sich der Definition, indem er vergleicht, was verschiedene Philosophen unter Scheitern verstehen, ohne sich selbst festzulegen. Am nächsten dem Wesen des Scheiterns kommt meiner Meinung nach Karl Jaspers, der im Meschen ein zum Scheitern verdammtes Wesen sieht, das an seinen eigenen Voraussetzungen scheitert.

Man scheitert nur an den eigenen Ansprüchen, Vorstellungen und selbst gesetzten Zielen, an denen von Dritten nur, wenn man sie sich zu eigen gemacht hat.

„Ziele stehen im Weg“ ist mein Lieblingsbonmot eines befreundeten Künstlers, der unbeirrt davon, ob die Gesellschaft ihm die entsprechende Anerkennung zollt, seine meisterhaften Miniaturbilder malt und gute Bücher schreibt. Solche wie er sind die hidden champions des gesellschaftlichen Lebens. „Versuch über das Scheitern – Betrachtungen eines unangenehmen Phänomens“ weiterlesen

Alles Rechte oder was?

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Von Gastautorin Annette Heinisch

Die gemeine Mitte als solche ist ein scheues Reh, sie ist offenbar schwer zu verorten. Wo sie derzeit liegt, ist unklar, der Hüter des Heiligen Grals „Mitte“ scheint unbekannt verzogen.

Ist beispielsweise Stefan Aust, Herausgeber der „Welt“, mittig oder rechts, wenn er sagt, dass während der Regierungszeit von Kanzlerin Angela Merkel die Union von einer konservativ – liberalen Bürgerpartei zu einer mehr oder weniger rot – grünen Partei wie die anderen auch geworden ist, so dass sie für viele Wähler keine Alternative zur Ampel ist?

In einem seiner Interviews sagte er, dass sich die Politik in Teilen von der Realität verabschiedet habe. Selbst wenn Deutschland die CO2 – Emissionen auf Null reduziere, würde das am Klima überhaupt nichts ändern. Die große Frage sei, welche Rolle CO2 dabei überhaupt spiele. Jedenfalls aber sei der deutsche Anteil weltweit so gering, dass es völlig lächerlich sei, was die Politik da die ganze Zeit treibe. Noch schlimmer, er sagt, das Klima ändere sich und habe sich immer geändert!

Wie jetzt – darf man das sagen? Nur weil es stimmt? Oder ist das schon rechts und damit unsagbar?

Wenn es stimmt, was Aust sagt, müsste man überlegen, ob nicht Anpassungsmaßnahmen klüger wären als der untaugliche Versuch, den Wandel aufzuhalten. Ergänzen könnte man das dadurch, dass Deutschland in Zusammenarbeit mit anderen Staaten deutlich wirkungsvollere und kostengünstigere Maßnahmen zur CO2 – Reduktion durchführt als bei uns. Gerüchte besagen nämlich, dass z. B. in anderen Teilen der Welt die Sonne deutlich mehr scheint als in unseren Breitengraden.

Rein hypothetisch könnte Deutschland sich dann auch verstärkt um die anderen 16 Nachhaltigkeitsziele der UN kümmern, z. B. um Nr. 3 „Gesundheit und Wohlergehen“. Oder Nr. 4 „Hochwertige Bildung“, da wäre eine Menge zu tun. Auch Nr. 7 wäre in Deutschland wichtig, nämlich „Bezahlbare und saubere Energie“ – hätten wir alle gerne, haben wir aber nicht. Das wären Kernkraft und Fracking, aber beides ist ja nicht gewollt. Seltsam eigentlich, wäre es auch deutlich „klimaschonender“ als all das, was jetzt geschieht. Aber jeder, der die Maßnahmen der grün –roten Blase kritisiert, ist bekanntlich rechts, rassistisch und Leugner von was auch immer, also die moderne Variante des Ketzers. Dass Klimaschutz nur eines der insgesamt 17 Nachhaltigkeitsziele ist, auf Platz 13 erwähnt und damit mitnichten das eine große Menschheitsthema, wird durch den medialen Furor vollends verdeckt. „Alles Rechte oder was?“ weiterlesen

Thüringer Schloßfestspiele – ein perfektes Intermezzo!

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Neben den Musical „Dr. Schiwago“, das vom Publikum begeistert gefeiert wird, bieten die Thüringer Schlossfestspiele an Nachmittagen für das junge Publikum und seien erwachsenen Begleiter das komische Opernintermezzo „Die Magd als Herrin“. Das kleine Werk von Giovanni Battista Pergolesi war vom Komponisten als Pausenfüller einer eigenen ernsten Oper gedacht. Allerdings kam es erst nach Pergolesis frühem Tod mit 26 Jahren zur Aufführung. Es löste eine jahrelange Debatte aus, die als eine der größten der Musikgeschichte gilt. Es wurde gestritten, was besser sei, ernste oder komische Oper, französische oder italienische Musik. Unabhängig davon wurde das Stück europaweit immer wieder aufgeführt – bis heute. Zu Recht, wie sich die Zuschauer bei der Premiere am 1. Juli im Schlossgarten Sondershausen überzeugen konnten.

Die Geschichte ist schnell erzählt: Nachdem die Obrigkeit das Lachen verboten hatte, liefen dem Zirkus Uberto die Zuschauer, Artisten und Schauspieler weg. In seiner Not will Uberto ( Andriy Gratiuk) eine reiche Witwe heiraten, um der Geldnot zu entkommen. Er schickt sein Faktotum Vespone (Andreas Simma) auf Brautschau. Das gefällt seiner Ziehtochter Serpina ( Julia Gromball) nicht, die Uberto seit langem liebt und sicher ist, dass er ihre Gefühle erwidert, sie sich aber nicht eingesteht. Mit Vespiones Hilfe tut Serpina so, als wolle auch sie sich verheiraten, was Ubertos Eifersucht weckt. Nach kurzem Verwirrspiel, finden Uberto und Serpina zueinander und heiraten.

Das Ganze ist mit so viel Leichtigkeit und sprühenden Ideen inszeniert, dass auch die Kleinsten im Publikum gefesselt sind und aufmerksam das Geschehen verfolgen. Das wurde deutlich, als auf der improvisierten Bühne von der Flatterhaftigkeit der Männer die Rede ist und eine etwa 8-Jährige hörbar seufzt: „Ja“. „Thüringer Schloßfestspiele – ein perfektes Intermezzo!“ weiterlesen

Künstliche „Intelligenz“:  Zeit, darüber nachzudenken

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Von Gastautor Jonas Lengsfeld

Es ist jetzt ungefähr drei Wochen her, als ich zum ersten Mal die Showcase-Seite des derzeitigen Marktführers im Bereich der KI-Bildgenerierung, Midjourney, besuchte. Seither ist kaum ein Tag vergangen, an dem ich nicht über das nachgedacht hätte, was da zu sehen ist. In den ersten Tagen habe ich dabei geradezu um Luft ringen müssen.

Jeder, der diese Zeilen nicht nachvollziehen kann, sollte drei Dinge tun:
Erstens: das Folgende genau lesen und verstehen: Die Bilder, die dort gezeigt werden, sind nicht von Menschen gezeichnet worden, auch nicht ihre Einzelteile. Sie sind bis auf den letzten Bildpunkt originäre Schöpfungen einer künstlichen „Intelligenz‘“. Alles, was die menschlichen Nutzer dieser Plattform zu ihnen beigetragen haben, waren kurze, oft nur wenige Worte lange, Textbeschreibungen.

Zweitens: diesen Link klicken und sich die Bilder mindestens fünf Minuten lang genau anschauen (die übrigens nur eine Auswahl der besten Bilder des jeweiligen Tages sind) und dabei ruhig bei dem einen oder anderen Bild verweilen und die vielen kleinen Details betrachten. Am besten macht man das auf einem Handy, da man dort einzelne Bilder vergrößern kann. Es würde nichts bringen, hier Beispiele zu zeigen. Man muss schon ein ganzes Korpus dieser Werke gesehen haben, um die Tragweite zu begreifen. „Künstliche „Intelligenz“:  Zeit, darüber nachzudenken“ weiterlesen

Missverständliche Auslegung eines Gesetzesvorhabens

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Hier wieder ein Beitrag von Jenas führender Seniorenzeitung, verbunden mit der Aufforderung, sich die ganze Zeitung anzuschauen. Jena ist überall.

Neue Zeiten bedeuten neue Wörter, auch neue Schreibweisen wie die mit Deppinnensternchen oder Blödmänninnendoppelpunkt, bisher auf freiwilliger Basis, es muss eben jeder selber wissen, was er von der Gesellschaft will. Menschen, die als trans der nonbinär bezeichnet werden, sind solche, die sich irgendwie von den Transsexuellen abgrenzen, denen die moderne Medizin helfen konnte, den falschen Körper in einem
aufwendigen therapeutischen Verfahren umzuoperieren.

Genaueres kann der zuständige Beauftragte der Bundesregierung
erklären, er weiß auch, was jemand ist, der mit der ganzen Viel-
falt Probleme hat.

Zu der neuen Redeweise gehört der Ausdruck cis, damit ist keine musikalische Note gemeint, cis-Männer und cis-Frauen
sind welche, die sich mit ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht
identifizieren und sich der gesellschaftlichen Vorgabe fügen, hier keine Unzufriedenheit zu zeigen. Nun bringt uns unsere Ampelkoalition das
Selbstbestimmungsgesetz, das eine geschlechtliche Neufindung vereinfacht und zugleich unter Strafe stellt, als bußgeldbewährte Ordnungswidrigkeit, zum Beispiel einer trans-Frau zu sagen, dass man sie noch als Mann kennt oder sie ein Ex-Mann ist. „Missverständliche Auslegung eines Gesetzesvorhabens“ weiterlesen

Die Ideologie der Menschenrechte und das Ethos des Menschseins

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Der Titel von Rudolf Brandners Beitrag aus der Werkreihe von Tumult, erschienen bei Manuscriptum, verwirrt. Wer könnte etwas gegen Menschenrechte haben, die als unumgängliche Reaktion auf die Schrecken des totalitären letzten Jahrhunderts, insbesondere des Zweiten Weltkriegs ausgerufen wurden? Wer sich dennoch an die Lektüre macht, wird mit neuen Erkenntnissen belohnt.

„Mit der UN-Charta und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR 1948) wurde der Weg beschritten, die Leitvorgaben staatlichen Handelns von den Rechten der Einzelnen her zu redefinieren. Eine nicht geringe Rolle spielte dabei auch, die mangelnde Rechtsgrundlage der Nürnberger Prozesse noch nachträglich aufzuarbeiten und vorsorglich zu institutionalisieren […] Die AEMR sollte zumindest das Legalitätsprinzip herstellen, aber auch dies gelang nicht. Sie wurde nicht völkerrechtlich verbindlich.“ Vor allem die Sowjetunion, aber auch die Länder des damaligen Ostblocke, sowie Saudi-Arabien und Südafrika enthielten sich bei der Abstimmung. Auch dem Internationalen Gerichtshof, der erst in den 1990er Jahren institutionalisiert wurde, traten viele Länder nicht bei, allen voran die USA.

Was ist der Hauptkritikpunkt an der AEMR? Der Staat ist der Adressat der Menschenrechte. Gleichzeitig ist der Staat derjenige, der die Menschen vor Rechtsverletzungen schützen soll, die er selbst begeht. Wir haben das in den Corona-Jahren erlebt. Der Staat setzte die Freiheitsrechte seiner Bürger wegen einer angeblichen Gefahr durch eine globale Pandemie willkürlich außer Kraft. Er schützte also die Rechte nicht, sondern wandte sich gegen die Bürger.

Der Staat ist nicht mehr „als ethisches Gebilde der Gemeinschaft ihrer rechtlichen Selbstorganisation, sondern […] selbstständige, den Einzelnen entgegengesetzte Macht.“ Die Einzelnen wiederum sind nicht „kulturgeschichtlich gebildete Personalitäten, die durch ein generationenübergreifendes, erfahrungsgeschichtlich auskristallisiertes Gemeinschaftsethos die staatliche Ordnung fundieren“. Sie sind nur noch „Mensch überhaupt“. „Die Ideologie der Menschenrechte und das Ethos des Menschseins“ weiterlesen

Wir brauchen mehr Berlusconi

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Von Gastautor Hans Hofmann-Reinecke

Männer sind toxisch, Flirten ist sträflich und weibliche Schönheit darf nicht gefeiert werden. Sinnlichkeit und Freude am Leben werden uns von Regierenden verboten, die selbst keinen Anteil daran haben. Wäre es nicht schön, wenn es in Berlin weniger von dieser trostlosen Misanthropie gäbe und mehr Leidenschaft für das Leben – á la Berlusconi?

Kraft gleich Gegenkraft?

Als junger Wissenschaftler wurde ich manchmal mit einer Anspielung auf die männlich – weibliche Dynamik geneckt: „Das ist wie bei euch in der Physik mit Plus und Minus. Gegensätze ziehen sich an.“ Dieser Vergleich hinkt allerdings, denn in der Physik ist „Kraft gleich Gegenkraft“. Die zwischenmenschliche Anziehung aber ist oft nicht symmetrisch. Das mussten wir alle erfahren und es hat so manches Herzeleid auslöst.

Ich möchte besagte Dynamik durch ein anderes physikalisches Konzept beschreiben: die „starke Wechselwirkung“. Das ist diese fundamentale Kraft, welche die Welt im Innersten zusammenhält. Sie regiert im Universum spätestens seit dem Big Bang.

Überleben wie die Blaualge

Vor dreieinhalb Milliarden Jahren erfanden die Blaualgen dann die starke Wechselwirkung in der Biologie: die sexuelle Fortpflanzung. Dieses sehr erfolgreiche Konzept wurde in der Folge von höheren Organismen übernommen, und entwickelte sich vom Werkzeug zu einem wesentlichen Bestanteil des Lebens. Zwischen Mann und Frau ist besagte Wechselwirkung omnipräsent; sie steht an zweiter Stelle nur hinter dem eigenen Überlebenswillen und dem Schutz der Nachkommen.

Sie wird unwillkürlich eingeschaltet, sobald Mann und Frau einander gewahr werden. Etwa am Bankschalter, wenn ich verzweifelt versuche meine Kreditkarte zu entsperren, nehme ich die Dame hinter der Glasscheibe wahr, die am Computer tippt und müde wirkt.

Die Wechselwirkung bei mir ist dann vielleicht bei drei oder vier – auf einer Skala von Null bis hundert – eventuell auch negativ, aber sie ist auf jeden Fall vorhanden. Und die Bankangestellte denkt sich ihrerseits: „Komischer Typ, und auf dem Konto hat er auch nichts.“ Das sind Reaktionen, die ganz spontan und parallel zum sachlichen Geschehen ablaufen. „Wir brauchen mehr Berlusconi“ weiterlesen

Propaganda und Wirklichkeit bei der Deutschen Bahn

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Auf meinen Bericht über die Unfähigkeit der Bahn, einem überfüllten ICE, der wegen eines Oberleitungsproblems 10 Fahrtminuten nach Leipzig stehen blieb und evakuiert werden musste, habe ich zahlreiche Leserzuschriften bekommen. Zwei davon möchte ich zur Kenntnis geben, denn sie beschreiben, wie groß unsere Probleme mit einer immer dysfunktionaleren Bahn sind und wie wir darüber von den Medien belogen werden.

Beide Leserbriefe sind anonymisiert. „Propaganda und Wirklichkeit bei der Deutschen Bahn“ weiterlesen

Die Bahn ist ein Spiegel des Niedergangs Deutschlands

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Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Dieser Spruch entstand zu einer Zeit, als Reisen noch gefährlich war, weil Reisende mit Überfällen, schlechten Straßen und allerlei Unbill zu kämpfen hatten.

Heutzutage ist das glücklicherweise vorbei, sollte man denken. Und nein, ich will jetzt nicht darüber schreiben, dass man inzwischen in der Bahn nicht mehr vor Messer-Attacken sicher ist. Es geht mir um das ganz normale Funktionieren eines Unternehmens, das vor Jahrzehnten mit dem selbstbewussten Spruch für sich warb: „Alle reden vom Wetter – wir nicht“. Noch 1988 konnte man in der BRD nach der Bahn die Uhr stellen. Damals handelte es sich um eine gut funktionierendes Unternehmen, das stolz auf seine Leistungskraft und Zuverlässigkeit war. Tempi passati.

Als Vielfahrerin ist mir schon alles passiert. Ich stand auf einem Bahnhof und der Zug, für den ich online eine Stunde zuvor eine Fahrkarte gekauft hatte, kam einfach nicht. Hinterher erfuhr ich, dass dies auf dieser Strecke öfter vorkam, denn ein Stellwerk konnte nicht immer besetzt werden. Das war Anfang Dezember letzten Jahres. Auf die Rückerstattung des Fahrkartenpreises warte ich heute noch. Irgendwann wurde mir eine Entschuldigung für die Verzögerung und eine Tabelle geschickt, wie sehr sich die Reklamationen gehäuft haben. Das ist schon wieder Monate her, das Geld noch immer nicht überwiesen.

Vorsicht, wenn man eine Fahrkarte online bucht und eine Rückfahrt hinzufügt. Dann ist es unmöglich, die Rückfahrt zu stornieren oder umgzubuchen, denn es gelten die Fristen für die Hinfahrt, auch wenn die Tage oder Wochen zurückliegt und es sich um zwei separate Tickets handelt.

Am Mittwoch, dem 21.6. stand ich auf dem Bahnhof in Leipzig und wollte nach Erfurt. Der ICE, den ich gebucht hatte, fiel aus. Als ich mit einem anderen Zug in Erfurt ankam, hörte ich eine Lautsprecher-Durchsage, dass der erwartete Zug nach Sangerhausen nicht käme, der Lokführer wäre kurzfristig ausgefallen. Inzwischen geht es bei der DB zu, wie im Lied vom Hans: „Heut kommt der Hans zu mir, freut sich die Lies. Ob er aber über Oberammergau, oder aber über Unterammergau, oder aber überhaupt nicht kommt, ist nicht gewiss.“ Der DB ist das nicht mal mehr peinlich. „Die Bahn ist ein Spiegel des Niedergangs Deutschlands“ weiterlesen